19. März 2024

3rd Battle of Newbury: ein neuer Film bestätigt ein Kapitel in meinem Buch

Als ich davon gelesen habe, war ich begeistert! Der so breite Widerstand gegen die megagroßen Straßenbauprojekte der Thatcher Ära, die die letzten Reste von ursprünglicherer Natur auf den Britischen Inseln zerstören sollten, wird in einer Dokumentation filmisch thematisiert. Und ich war dabei! Tatsächlich habe ich an mehreren Protestcamps gegen solche Projekte teilgenommen, darunter Twyford Down und eben beim Newbury Bypass. Letzteres wurde durch zahlreiche Baumdörfer so lange behindert, dass schließlich die Baukosten astronomische Höhen erreichten und die allermeisten späteren Bauprojekte gestoppt wurden.

Es war das Frühjahr 1996. Da kam ein junger Mann zu unserer Tierrechtsgruppe nach Cambridge und schrie um Hilfe. Er komme von Baumdörfern im Wald bei Newbury. Hundertschaften von Polizei und Security würden tausende Demonstrant_innen mit brutaler Gewalt entfernen, es müsse etwas geschehen. Am nächsten Tag schon war ich am Weg nach Newbury – und erlebte dort die heftigen Auseinandersetzungen direkt mit. Als Kletterer war ich dafür prädestiniert, zwischen den Ästen der Bäume herum zu hüpfen und die Polizist_innen auf den Cherry Pickern und jene, die die Bäume hinauf kletterten, zu ärgern. Als Third Battle of Newbury ging dieser Konflikt in die englische Geschichte ein. Die ersten zwei Battles of Newbury, 1643 und 1644, waren Bürgerkriege der Royalist_innen gegen die Parlamentarier_innen und führten zur Demokratie. Der Dritte 1996 zum Stopp einer technokratischen Fehlentwicklung. Man sieht wie wichtig das Korrektiv einer Zivilgesellschaft ist, und dass man den Mächtigen niemals ohne Kontrolle vertrauen darf.

Weil mich die Erfahrungen dort so beeindruckt haben, habe ich den 3rd Battle of Newbury auch in mein neues Buch aufgenommen, „Im Untergrund“, Kapitel 16, Seite 247. Protagonist Paul folgt, wie ich, dem Hilferuf der Besetzer_innen und wird mitten in den Konflikt hinein gezogen. Da das Ganze bereits 23 Jahre her ist, konnte ich mich beim Schreiben des Buches nicht auf meine Erinnerungen alleine verlassen. Zum Glück habe ich damals mehrere Berichte über die Besetzung geschrieben. Davon zehrt nun das Buch. Auf Geschichten im Internet konnte ich nicht zurückgreifen, weil es das Internet 1996 noch nicht gegeben hat, zumindest für uns.

Deshalb freut es mich besonders, in dieser filmischen Dokumentation viele Ereignisse wieder zu finden, die in meinem Buch vorkommen. Das Baumdorf, in das Protagonist Paul stößt und wo der Konflikt der Räumung im Buch spielt, war „Rickety Bridge“, im Spinham Moor, direkt westlich von Newbury. Die Räumung begann am 27. März 1996. Auch im Film wird vom Lied „I shot the Sheriff“, das mit lautem Soundsystem gespielt wurde, erzählt. Sogar die Rauch- und Schmutzbomben kommen vor.

Und dann wird berichtet, dass es um das Lager herum Wassergräben gab, und dass die Polizei daher eine Brücke bauen musste, um die Cherry Picker in den Wald zu bringen. Diese Brücke wird dann zuerst zersägt und schließlich per Molotovcocktail abgefackelt. Eines der Highlights in meinem Buch. Hier die Szene von der durch Pauls Einsatz abgebrannten Brücke in der Doku:

Ebenso kommen im Film der Mann auf dem höchsten Baum – laut Doku fast 70 m hoch – mit einer oben montierten Leiter, die der höchste Cherry Picker nicht erreichen konnte, und der Absturz des Aktivisten vor, nach dem die Räumung eine zeitlang unterbrochen wurde, sodass Paul flüchten konnte. Immer wieder sieht man die harten Auseinandersetzungen an den Cherry Pickern, und wie jemand den Polizeikletterern auf den Helm und die Finger steigt, um sie nicht weiterkommen zu lassen. Bewegend für mich, dieses Filmmaterial nach so langer Zeit anzuschauen.

Protagonist Paul flüchtet in der letzten Sekunde in der Nacht durch den Polizeikordon, der den übrig gebliebenen Rest des Baumdorfs umstellt. Er nimmt eine Trophäe mit: den Helm eines Polizeikletterers, den er diesem entrissen hat. Man sieht ihn ganz oben am Foto. Daneben ist jenes Stück dynamische Seil zu sehen, mit dem ich mich die vielen Tage dort oben im Baumdorf an den Walkways gesichert habe.

Ein Beweis mehr, falls jemand einen braucht, dass mein Buch lauter wahre Begebenheiten wiedergibt.

Das Buch heißt „Im Untergrund“ und ist im Promedia Verlag erschienen, 440 Seiten stark, zum Preis von € 20.

Den Film kann man hier anschauen:
http://www.newburybypassfilm.info/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert