28. März 2024

5 Jahre Tierschutzcausa – was gibt es Neues?

MBGerichtssaal
Martin Balluch bei der Verteidigung im Gerichtssaal während des 14 Monate andauernden Tierschutzprozesses

Heute sind es auf den Tag genau 5 Jahre, seitdem mich maskierte bewaffnete WEGA-Einheiten in der Nacht zu Hause unter dem Vorwand überfallen haben, ich sei Chef einer kriminellen Organisation im Tierschutz. Die Ermittlungen liefen zu diesem Zeitpunkt zwar bereits seit 19 Monaten, doch das war uns allen unbekannt. Es gab keinerlei Anhaltspunkte im Vorfeld, dass ein derartiger Polizeiübergriff bevorstehen würde. Weder hatte es besonders viele, noch besonders spektakuläre oder gar besonders bedrohliche Tierschutzaktionen gegeben, bei denen das Strafgesetz übertreten worden war. Alles schien mehr oder weniger gleichmäßig in gewohnten Bahnen zu laufen. Und plötzlich, aus heiterem Himmel, dieser Großangriff.

5 Jahre danach ist noch immer nichts, wie es vorher war. Ich habe tatsächlich die Wohnung, in der ich überfallen worden bin, praktisch nicht mehr betreten. Bis heute nicht. Von den 10 ehemaligen U-Häftlingen sind nur mehr 4 im Tierschutz aktiv, soweit ich weiß. Solange der Kampf gegen die Verurteilung alle Kräfte band, solange es direkt danach um das Kastenstandverbot und ein neues Tierversuchsgesetz ging, solange also keine Zeit zum Nachdenken blieb, war alles noch irgendwie im Lot. Doch das lässt sich nicht auf ewig hinauszögern, irgendwann muss man sich dem Vakuum im Inneren stellen.

Ich habe auch den Eindruck, wir im Tierschutz sind zahmer geworden, weniger wild, weniger fordernd, als hätten wir an Selbstvertrauen eingebüßt. Aber insbesondere sind die offenen Diskussionen versiegt, und das mit gutem Grund. Wenn man 18 Jahre nach einem emotionalen Email vor Gericht sitzen und dieses Email vorgelesen bekommen kann, mit der Frage „was haben Sie damit gemeint?“, dann überlegt man sich dreimal überhaupt noch Diskussionsemails zu schreiben. Aber auch persönlich Diskussionen zu führen und Meinungen zu äußern, die nicht gerichtskompatibel sind. Wir haben unsere naive Unschuld verloren, überall um uns könnte ein Polizeispitzel sein oder eine Wanze lauern.

Finanziell habe ich eine Schadensersatzforderung an die Republik Österreich über 1,14 Millionen Euro gestellt, siehe https://martinballuch.com/?p=2560. Bisher kam lediglich die lapidare Bestätigung der Finanzprokuratur, diese Forderung erhalten zu haben. Sollte es nach 3-monatiger Frist zum Prozess kommen, würde bei diesem Streitwert jeder Gerichtstag € 40.000 kosten! Es zahlt der Verlierer, bei einem Ausgleich trägt man anteilsmäßig die Kosten.

Vom linguistischen Gutachter erhielt ich bereits auf sein Angebot hin € 35.000 Schadensersatz. Am 17. Mai 2013 haben wir jetzt einen Antrag an den Präsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen in Graz gestellt, Schweiger von der Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen zu streichen. Dieser Antrag ging in Kopie ans Justizministerium und enthält alle Belege seiner totalen Unfähigkeit.

Bei 5 der ehemals 13 Angeklagten hat die Staatsanwaltschaft berufen, der Fall liegt beim Wiener Oberlandesgericht. Ich bin also rechtskräftig freigesprochen, doch Staatsanwalt Wolfgang Handler ermittelt noch immer gegen mich. In einem Punkt wurde das Verfahren nämlich noch nicht beendet: ich soll eine Richterin bestochen und damit zum Amtsmissbrauch bestimmt haben, siehe https://martinballuch.com/?p=1705. 2 Einstellungsanträge von mir wurden bereits zurückgewiesen, am 8. Mai 2013 haben wir den dritten eingebracht: „In oben näher bezeichneter Rechtssache wurde bereits mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 05.07.2011, also vor knapp 2 Jahren, festgestellt, dass das Ermittlungsverfahren eine Dauer erreicht hat, die eine endgültige Erledigung des Ermittlungsverfahrens entweder durch Einbringung einer Anklage oder Einstellung angezeigt erscheinen lässt. Dieser Beschluss wurde am 25.10.2012 abermals bestätigt. Seitdem hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt den Akt wieder ein halbes Jahr ‚köcheln‘ lassen, offensichtlich um gegen den Beschuldigten ein offenes Verfahren aufrecht zu erhalten. Sie hat sich jedenfalls nicht bemüßigt gefühlt, irgendwelche weiteren Schritte zu setzen – für den Einschreiter stellt das eine unzumutbare und menschenrechtswidrige Situation dar, wenn seit Jahren keine Ermittlungsschritte mehr gesetzt wurden, das Verfahren aber nicht erledigt wird. Es wird daher der Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens wiederholt.“

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