19. März 2024

Antwort auf ORF-Journalistin Ulli Wolfs Facebook-Kommentar

Auf obiges Bild, das auf einer Facebookseite erschien, postete die ORF-Journalistin Ulli Wolf, die bekanntlich seit geraumer Zeit ununterbrochen seichte Beweihräucherungsbeiträge für Mayr-Melnhof bringt, folgenden Kommentar, wie oben zu lesen: „Bravo Herr Balluch – als vermeintlicher Tierexperte sollten Sie eigentlich wissen, dass freilaufende Hunde im Wald – noch dazu bei dieser Schneelage – ein absolutes No Go sind, um das Wild nicht zu stressen“

Darauf gebe ich, da ich nicht auf Facebook bin, öffentlich folgende Antwort:

Frau Wolf, Sie würden besser in den Sender „Jagd und Natur TV“ passen, als in den ORF. In letzterem sind Sie nämlich zur Objektivität und zur Neutralität verpflichtet. Und mit beiden nehmen Sie es nicht so genau, wie man an Ihrem Kommentar sieht.

Ist Ihnen aufgefallen, dass die Salzburger Umweltanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zum Vorschlag für ein Gatterjagdverbot der Landesregierung mit ganz scharfen Worten das Jagdgatter Mayr-Melnhof kritisiert, siehe https://service.salzburg.gv.at/pub/get/attachment/582611? Da steht wörtlich: „Die Wildschweinbestände im Wildgatter Salzachauen [von Mayr-Melnhof] sind derart überhöht, dass erhebliche Schäden an den Schutzgütern, Lebensräumen des Anhangs I und Arten des Anhangs II sowie Charakterarten des Europaschutzgebiets nach FFH-Richtlinien und Vogelarten des Vogelschutzgebiets gegeben sind. Dies wurde auch in mehreren wissenschaftlichen Erhebungen bestätigt. Die Verschlechterung der Erhaltungszustände von Lebensräumen und Arten in Europaschutzgebieten ist nicht zulässig, daher ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Mittlerweile ist die Bestandssituation gewisser Arten prekär, der Kammmolch an den Rand des Aussterbens gerückt. Die in der Gesetzesnovelle vorgesehenen Regelungen sind aber weitgehend zahnlos, um die erforderliche Verbesserung der Situation zu bewirken, denn dafür müsste eine sofortige und massive Reduktion der überhöhten Wildschweinbestände erfolgen. […] Eine Lösung der Problematik ‚Wildgatter im Europaschutzgebiet Salzachauen‘ und der dadurch bewirkten prekären Situation ist mit der gegenständlichen Novelle nicht zu erwarten und infolgedessen ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission nicht abwendbar.“

Bisher haben Sie in Ihren Beiträgen ja immer so getan, als wären derartige Vorwürfe absurde Unterstellungen eines verrückt gewordenen VGT und würden von niemandem mit einigermaßen Verstand geteilt. Aber das nur nebenbei.

Sie verurteilen also vehement, wenn jemand einen Hund im Wald leinenfrei laufen lässt, „noch dazu bei dieser Schneelage“. Nun, wie erklären Sie uns dann, dass Sie in einem Beitrag im ORF am selben Tag, an dem Sie Ihr Kommentar geschrieben haben, von 2 Jägern sehr wohlwollend berichten, die mit Schi Tierfutter in den Wald bringen und dabei ihre beiden Hunde leinenfrei laufen lassen, wie auf dem Bild rechts zu sehen? Im Beitrag ist Ihnen das keine Kritik, ja nicht einmal eine Frage an die beiden Jäger wert. Sind Sie also der Ansicht, wenn ein Jäger seinen Hund leinenfrei laufen lässt ist das eine Sache, aber wenn das ein Wanderer macht, eine ganz andere? Können Sie mir diesen Unterschied im vorliegenden Fall, wo die Hunde jedenfalls keine Funktion als Jagdhunde hatten, genauer erklären? Oder ist das nur wieder Ihre einseitige Sichtweise, mit der Sie alles was Jagd und Tierschutz betrifft betrachten?

Gehen Sie eigentlich auf Schitouren? Oder lassen Sie sich über den Schnee im Wald nur von Ihren Jagdbuddies, wie Mayr-Melnhof, die Weisheiten einflüstern? Was wissen Sie von Wildtieren im Winterwald, das nicht von der Jägerschaft stammt?

Dass Sie alles nur vom Standpunkt der Jagd betrachten, beweist schon das von Ihnen benützte Wort „Wild“. Was genau ist damit gemeint? Alle Wildtiere des Waldes? Oder nur die Jagdbaren? Oder nur die Trophäentragenden? Sagen Sie uns, um welche Wildtiere Sie sich sorgen. Gehört da der Fuchs dazu? Sorgen Sie sich um Füchse im tief verschneiten Winterwald? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum fragen Sie dann nicht Ihre Jagdkamerad_innen in Ihren Jagdwerbesendungen, warum sie praktisch das ganze Jahr über Füchse hetzen, verfolgen und töten? Fehlt es da an Mitgefühl bei Ihnen? Oder haben Ihnen nur die Jäger_innen eingeredet, dass man Füchse unbedingt terrorisieren muss, weil sie so böse sind, fast schon wie der Wolf? Ein kleiner Hinweis: auf den 58.000 ha Grundbesitz der Gemeinde Wien werden seit einigen Jahren ganz grundsätzlich keine Füchse mehr geschossen. Dass der Fuchsbandwurm durch Bejagung von Füchsen eingedämmt würde, ist nicht nur damit, sondern auch durch unabhängige Studien belegt (siehe z.B. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29254718). Warum also lassen Sie unkritisiert zu, dass die Füchse völlig unnötig Tag und Nacht, Winter und Sommer, terrorisiert werden, während Sie sich ausschließlich um die geweihtragenden jagdbaren Wildtiere, die die Jägerschaft im Herbst gerne abknallen würde, sorgen? Haben Sie schon bei Jäger_innen auf Facebook einen Kommentar hinterlassen, wieso sie sich als Tierschützer_innen bezeichnen aber Füchse brutal töten? Sogar Ihr Liebling Mayr-Melnhof macht das, wie auf dem Foto zu sehen, das Sie sicher kennen, mit Mayr-Melnhof, einem Terrier und zwei toten Füchsen mit zerbissenem Gesicht auf seinem Schoß. Was sagen Sie dazu?

Ich kenne Ihre Schitourenerfahrung nicht, aber sind Sie der Ansicht, eine Schitour mit Hund an der Leine durch den tiefverschneiten Wald ist ok? Schrecken sich da die einzigen zwei Wildarten, um die Sie sich offenbar sorgen, nämlich Reh und Hirsch, nicht auch? Am obigen Foto ist nicht zu sehen, ob der Hund eine Leine trägt oder nicht. Andererseits, halten Sie es für realistisch, mit einem Hund an der Leine mit Schi durch den Tiefschnee zu fahren? Zur Information: der Schnee war zur Zeit der obigen Aufnahme derart tief, dass sich der abgebildete 11 ½ Jahre alte Hund ausschließlich nur innerhalb der von mir gelegten Spur bewegen konnte. Und das nur langsam. Bei einer solchen Schneelage ist keine Rede von Herumstreunen im Wald. Die Spur ist die einzig mögliche Fortbewegungsrichtung.

Angesichts dieser Umstände läuft es auf dasselbe hinaus, ob der Hund an einer Leine war oder nicht. Er war immer in der Spur und immer hinter mir, also an Orten, an denen ich gerade eben gewesen bin. Wenn das für Sie ein Problem ist, dann sind Hunde an sich auf Schitouren für Sie ein Problem. Mit anderen Worten, in Ihren Augen müssten anständige Tierschützer_innen – außer freilich sie sind Jäger_innen – im Wald nur ohne Hund unterwegs sein. Oder am besten gar nicht.

Gut. Sie wollen also, dass der Hund zu Hause bleibt, während ich auf Schitour gehe. Im Urlaub, der Zeit täglicher Schitouren. Vielleicht haben Sie keine Ahnung von Hunden, weil sonst wüssten Sie, dass der Hund unbedingt hinaus ins Freie und Mitgehen will. Ihn den ganzen Tag zurück zu lassen, wäre eine Tierquälerei. Aber dass sich Ihr Mitgefühl mit Hunden in Grenzen hält, ist ja spätestens dadurch bekannt, dass Sie in einer Ihrer Sendungen, in der wieder Ihr Buddy Mayr-Melnhof im Mittelpunkt stand, einen Hund mit kupiertem Schwanz gezeigt haben, ohne jedes kritische Wort. Offenbar wussten Sie gar nicht, dass das in Österreich verboten ist, Jagdhunden den Schwanz zu kupieren. Aber nicht nur das, es ist auch verboten, den Schwanz eines Hundes im Ausland kupieren zu lassen. Sie zeigen also ohne mit der Wimper zu zucken gesetzlich verbotene Tierquälerei an Hunden und es fällt Ihnen nicht einmal auf. Soviel zu Ihrem Tierschutzverständnis und zu Ihrem Mitgefühl mit Hunden. Kein Wunder also, dass Sie der Ansicht sind, Hunde haben auf Schitouren nichts verloren.

Aber wissen Sie, da gibt es noch eine andere Falschinformation, der Sie aufgesessen sind, weil Sie sich nur einseitig informieren. Die Wildtiere im Wald fürchten sich tausendmal mehr vor Jäger_innen, als vor Wanderern, mit oder ohne Hund. Gerade in Gegenden im Hochgebirge, wo nicht gejagt wird, kann man das gut erkennen. Auf dem Foto hier sieht man eine Kollegin direkt vor einem Steinbock sitzen. Ich befand mich hinter ihr und mein Hundefreund Kuksi, jener, über den Sie sich aufregen, gleich daneben. Wirkt der Steinbock auf Sie, als hätte er Angst?

Ich habe das unzählige Male erlebt. Nein, Wildtiere, die keinen Jagddruck spüren, flüchten nicht, oder deutlich später, als bejagte Tiere. Die Panik unter Wildtieren wird also durch die Jagd und die Jäger_innen verbreitet. Das bestätigt auch die Erfahrung im Kanton Genf, wo seit den 1970er Jahren ein Jagdverbot herrscht. Der zuständige Wildtiermanager erklärt in seinen Vorträgen, dass die Wildtiere eine sehr kleine Fluchtdistanz haben, und dass sie aus den umliegenden Jagdrevieren zu den Wanderern im Wald des Kanton Genfs flüchten, wenn außerhalb die Jagdsaison beginnt. Näheres siehe https://martinballuch.com/40-jahre-jagdverbot-im-kanton-genf-eine-bestandsaufnahme/.

Die Jägerschaft erfindet ständig irgendwelche Behauptungen, um ihre Jagdleidenschaft ausleben zu können. Zuerst musste man die Füchse unbedingt wegen der Tollwut jagen, als die ausgestorben war gerade deshalb, weil es keine Tollwut mehr gab. Heute geht’s um den Fuchsbandwurm. Nein, alles Blödsinn. Nicht umsonst redet man vom Jägerlatein. Sie sollten sich nicht nur bei der Jägerschaft informieren.

Insbesondere sind Sie den Jäger_innen wieder einmal reingefallen, wenn sie sich großartig bei Fütterungen für Reh und Hirsch in Szene setzen. Auch das ist ein Blödsinn, wie Sie diesem Blogeintrag entnehmen: https://martinballuch.com/zu-wildfuetterungen-und-angeblich-so-tierlieben-hirschfluesterern/.

Vielleicht sollten Sie doch zu Jagd und Natur TV wechseln?

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