28. März 2024

Der Dokufilm „Der Prozess“ hatte Weltpremiere

Also ich war ja schon sehr gespannt darauf, auf diesen Dokumentarfilm von Igor Hauzenberger über den Tierschutzprozess, der jetzt tatsächlich Donnerstag Abend bei der Viennale seine Premiere erlebte. Igor hat mir den Film im Vorhinein nicht gezeigt, ich wurde völlig überrascht.

Igor ist schon direkt nach meiner Freilassung aus der U-Haft mit mir erstmals in Kontakt getreten. Er filmte mich bei dem einzigen Moment, an dem ich nach dem Polizeiüberfall noch einmal in meiner alten Wohnung war. Und dann begleitete er uns über die Jahre hinweg, produzierte 260 Stunden Film, war bei allen unseren Aktionen dabei, bei den Pressekonferenzen, bei den Nebenschauplatzprozessen wie jenen zur Akteneinsicht, und natürlich beim Tierschutzprozess selbst, aber auch bei einigen meiner Schitouren und bei persönlichen Momenten. Er selbst hat sicher nicht erwartet, dass sich das Ganze so lange hinziehen wird. Ich musste sogar anfangs einen Vertrag unterschreiben, dass ich 2 Jahre lang mit niemandem anderen zu diesem Thema einen Film machen werde. Und nach 2 Jahren war der Film noch immer nicht fertig, lief der Tierschutzprozess erst auf vollen Touren.

Igor ist also mit seinem Filmteam tatsächlich in das Herz unserer „Organisation“ vorgedrungen, nicht viel anders als Danielle Durand als Polizeispitzel vorher. Und tatsächlich hielten ihn manche für einen Spitzel. Aus dieser Nähe zum Geschehen und aus diesem riesigen Pool an Material ist jetzt ein tiefgreifender Dokumentarstreifen entstanden, der bewegt und aufklärt zugleich. Kaum jemand der ZuschauerInnen bei der Premiere wird sich des Eindrucks erwehren können, dass hier ein echtes Politverbrechen geschehen ist, ein Frontalangriff auf die Zivilgesellschaft.

Die TäterInnen waren, wie immer, zu keinem Interview bereit. Man kann amüsiert verfolgen, wie sich die VertreterInnen des Innenministeriums und der SOKO herauswinden und über Jahre hinweg konsequent jedes Interview verweigern. Da hat jemand etwas zu verbergen, das ist offensichtlich.

Einen Prozess zu verfolgen ist nicht leicht, wenn man gleichzeitig damit einen spannenden und unterhaltsamen Film machen will, insbesondere weil ja nicht im Gerichtssaal gefilmt werden durfte. Igor behalf sich damit, dass er einen der Angeklagten, Chris Moser, dazu anhielt, die Szenen zu zeichnen. Diese werden dann im Film gezeigt und SprecherInnen lesen dazu aus den Gerichtsprotokollen vor. Eine elegante Lösung, um die Inhalte des Prozesses zu transportieren.

Aus Zeitmangel herausgefallen sind allerdings auch zahlreiche Aspekte, die ich für wichtig erachtet hätte. Dazu gehört die dreifache Verurteilung der SOKO, weil sie uns nie Einsicht in ihre Ermittlungsakten gewährt hat. Aber auch der linguistische Gutachter fiel vollkommen unter den Tisch, ebenso wie Kronzeuge Plank. Die Versuche der SOKO, dem VGT die Gemeinnützigkeit zu nehmen und ihn mit Steuerverfahren zu verfolgen, das Verfahren gegen die UVS-Richterin, die JagdstörerInnen freigesprochen hatte, weil ich sie bestimmt hätte, so zu handeln, mein Hungerstreik und viele weitere Dinge könnte man noch anfügen. Aber mehr als 2 Stunden kann man natürlich einem Publikum eines Dokumentarfilms nicht zumuten, und so musste das alles dem Cutter zum Opfer fallen.

Alles in allem ist der Film jetzt trotz seiner Länge sehr kurzweilig und beeindruckend. Man beginnt Tierschutzaktivismus zu verstehen und nachvollziehen zu können. Und man kann die Unfassbarkeit dieses Verfahrens verfolgen, ohne in juristische Spitzfindigkeiten verwickelt zu werden. Ich wünsche dem Film einen großen Erfolg, wenn er ab dem 25. November in die Kinos kommt. Die Premiere ist an diesem Tag im Gartenbaukino in Wien. Ich kann nur allen empfehlen, sich diesen super Film anzuschauen!

2 Gedanken zu “Der Dokufilm „Der Prozess“ hatte Weltpremiere

  1. Hallo,

    zum Film bzgl. der Causa: Schlimm daß man sich derartige Dokus im Kino anschauen muß, statt daß sie vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden (siehe auch die Dokus “Artikel 7” (über den Ortstafelkonflikt), oder “Kronen Zeitung – Tag für Tag ein Boulevardstück “).

    Zur Doku selbst: Ärgerlich für mich diese seltsame Unart, eine ganze Dokumentation (in diesem Fall immerhin 2 Stunden lang) ohne jeglichen Audio-Kommentar von Seiten der Filmemacher zu versehen. Von einer Dokumentation erwarte ich mir halt schon ein Mindestmaß an jornalistischer Be- und Verarbeitung der Fakten und Geschehnisse in Form von bildbegleitenden Kommentaren und Recherche-Ergebnissen. Das sicher umfangreiche Bildmaterial zu selektieren und aneinanderzuschneiden kann ich im Prinzip selber auch.

    Auch dem Filmplakat kann ich nichts abgewinnen: Zu heiter, zu harmlos.

    Angesichts dessen daß der Bevölkerung aber kaum alternatives (besseres) Filmmaterial zu diesem Justizskandal zur Verfügung steht: Hiermit trotzdem ein dankeschön an die Filmemacher für die gewonnenen Einblicke.

    PS: Martin Balluch ist zuzustimmen: Da fehlte einiges in der Doku.

    Jan

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert