29. März 2024

Die Entwicklung im Tierschutz stagniert!

Am 24. Juni 2015 gab es ein von der steirischen Tierschutzombudsfrau Barbara Fiala-Köck organisiertes Symposium zu Tierschutz im steirischen Landhaus. Bei der Eröffnungsrede führte Fiala-Köck die besonderen Fortschritte im Tierschutz in den letzten 10 Jahren an, darunter das Legebatterieverbot 2005 und das Kaninchenkäfighaltungsverbot 2007, und fügte dann hinzu, dass seither die Entwicklung im Tierschutz stagniere. Es habe in den letzten Jahren keinen großen Wurf im Tierschutz mehr gegeben, im Gegenteil, so wurde die 10 % Regel eingeführt (d.h. in der Nutztierhaltung dürfen die gesetzlichen Mindeststandards um 10 % unterschritten werden!) und der Verkauf von Hunden und Katzen im Zoofachhandel wieder erlaubt. Und zahlreiche Reformvorschläge der letzten Jahre seien nicht umgesetzt worden, wie die Kastrationspflicht für Freilaufkatzen in bäuerlicher Haltung oder das Verbot von Reptilienerwerbsbörsen.

Ich fürchte, die Tierschutzombudsfrau hat recht. Seit dem Polizeiüberfall auf den Tierschutz 2008 gabs zunächst einmal 3 leere Jahre, die mit der Selbstverteidigung mehr oder weniger ausgefüllt waren. Dann erreichten wir zwar ein Verbot von Kastenständen für Mutterschweine 2011, aber mit einer Übergangsfrist bis 2033 (!), einer Ausnahme für die kritischen Tage (d.h. mobile Kastenstände sind erlaubt und das Gesetz damit völlig unkontrollierbar) und der Aussicht, erst 2017 die konkreten Vorgaben festlegen zu wollen. Ich trau mich wetten, dass, wie beim Kriterienkatalog, alles von tierindustrieller Seite daran gesetzt wird, das Kastenstandverbot bis zum Inkraft-Treten völlig unwirksam zu machen.

Bei unserer Kampagne 2012 gelang uns die Umsetzung unserer Forderung nach einem objektiven Kriterienkatalog für alle Anträge von Tierversuchen, doch vor seiner Einführung ist bereits absehbar, dass er total unwirksam sein wird. Der Tierversuchslobby ist es nicht nur gelungen, zu verhindern, dass es auch nur irgendeine Kommission in Österreich gibt, die alle Tierversuchsanträge mit Mehrheitsentscheid genehmigen muss (von einer paritätischen Besetzung aus Tierschutz, Wissenschaft und Ethik keine Rede!), den Kriterienkatalog haben sie auch, wie es scheint, abgeschossen.

Seither ist unser Erfolg darauf reduziert, dass wir 2014 Tierschutz in minimalistischer Formulierung als Staatsziel in die Verfassung bekamen, wobei das bereits 2004 einstimmig im Parlament beschlossen worden war, und dass wir die Besatzdichtenerhöhungen bei Masthühnern und -puten abwenden konnten. Wir sollen also froh sein, einen 10 Jahre alten Beschluss umgesetzt bekommen und den Status Quo bei Mastgeflügel erhalten zu haben!

Vom Tierschutzministerium ist seit der letzten Nationalratswahl absolut nichts zu hören. Von sich aus scheint man keinerlei Akzente setzen zu wollen. Aber auch aus den Parteien, insbesondere jenen, die Regierungsverantwortung haben, kommt absolut nichts zum Tierschutz! Wo bleiben Initiativen der Grünen! Das Team Stronach hat immerhin einige Anträge für Verbesserungen gestellt, wenn diese auch mehrheitlich in den entsprechenden Parlamentsausschüssen abgelehnt wurden.

Auch sämtliche Beschlüsse des Tierschutzrates, der immerhin neue Verbesserungen im Tierschutzgesetz ausarbeiten und der Tierschutministerin vorlegen soll, wurden bisher nicht umgesetzt. Und die Arbeitskreise, die vom Tierschutzministerium vor 2 Jahren zu verschiedenen Themen, wie Enthornung, Kastration, Wildtierhaltung usw., eingesetzt worden sind, kommen zwar nun zu ihrem Abschluss, aber was geschieht mit dem Resultat? Die politisch Verantwortlichen werden von sich aus niemals irgendeine Verbesserung im Tierschutz angehen. Das ist leider die Schlussfolgerung, die wir aus den letzten 30 Jahren Erfahrung ziehen müssen.

Und warum sind wir nicht mehr die Alten? Was hindert uns, wieder so große Würfe anzugehen, wie das Legebatterieverbot, das Pelzfarmverbot, das Verbot von Wildtieren im Zirkus oder das Käfighaltungsverbot für Kaninchen zur Fleischproduktion? Sind das die Nachwehen der Staatsrepression? Oder verlieren wir uns in Kleinigkeiten, statt den Fokus auf die große Entwicklung zu lenken? Sind wir bequem oder ängstlich geworden, wo es doch keinen Fortschritt ohne Konflikt je geben wird? Oder ist die Tierindustrie gewiefter geworden und erstickt jede Tierschutzinitiative im Keim?

Ich will das nicht glauben! Jetzt greifen wir wieder nach den Sternen. Letzte Woche haben wir eine neue, große, bundesweite Tierschutzkampagne begonnen, mit dem Ziel, ein absolutes Verbot der Jagd auf gezüchtete Tiere zu erreichen, egal ob im Jagdgatter oder nach dem Aussetzen der Zuchttiere in freier Wildbahn (wie z.B. Fasane). Bisher konnten wir die Ausübung der Jagd noch nicht wirklich durch Tierschutzbedenken einschränken. Das muss jetzt anders werden. Die große Mehrheit der Menschen haben wir hinter uns. Daher haben wir auch die demokratiepolitische Legitimation zu radikalen und konfrontativen Aktionen. Sollte insbesondere der niederösterreichische Landesjagdverband glauben, durch seinen politischen Einfluss immun zu sein, dann werden wir ihm klarmachen, dass wir in einer Demokratie leben, in der die Macht noch immer vom Volk ausgeht. Und das Volk sind wir!

2 Gedanken zu “Die Entwicklung im Tierschutz stagniert!

  1. Ein Verfahren dazu in Kärnten ist bereits am Weg zum Verfasungsgerichtshof. Das müsste letztlich in jedem Bundesland geschehen. Die Jagdgesetze müssen dann geändert werden und vielleicht ändert das dann die Jagdpraxis. Aber solange die altadeligen GroßgrundbesitzerInnen die größten JägerInnen sind, die meistens auch gleich Jagdgatter einrichten und abertausende Tiere für die Jagd züchten, wird das am Gesamtproblem wenig ändern. Trotzdem ein wichtiger Schritt, und wir vom VGT begleiten einige solcher Verfahren momentan eh.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert