28. März 2024

Ein weiterer offener Brief an Redakteurin Ulli Wolf vom ORF Salzburg

Mein letzter Brief hat sie offenbar nicht beeindruckt: https://martinballuch.com/ein-brief-an-den-orf-salzburg/. Sie hat mir wieder geschrieben, diesmal offen einseitig und voller falscher Vorhaltungen. Ich möchte mich daher dazu wieder in einem offenen Brief äußern.

Sehr geehrte Frau Wolf,

Sie haben mir in einem Schreiben – von dem Sie sich verbitten, dass es öffentlich wird – eine ganze Reihe von Vorwürfen gemacht, auf die ich nun öffentlich antworten will, ganz einfach deshalb, weil ich meine, dass die Frage der Jagdgatter, und insbesondere jenes von Mayr-Melnhofs in Salzburg, die Öffentlichkeit zurecht interessiert. In diesem Zusammenhang hätte ich einen Vorschlag: Sie organisieren als Redakteurin des ORF Salzburg eine öffentliches Streitgespräch zwischen Max Mayr-Melnhof und mir. Das wäre doch die zivilisierte Form, diesen Konflikt zu lösen, mangels eines persönlichen Gesprächs zwischen ihm und mir, das er nämlich grundsätzlich ablehnt. Ich habe nichts zu verbergen und ich bin mir meiner Fakten sehr sicher. Wären Sie dazu bereit, oder Herr Mayr-Melnhof? Eine innere Stimme sagt mir: nein. Warum wohl?

Sie haben zuletzt eine ganze Reihe von Beiträgen im ORF Salzburg über die Gatterjagd Mayr-Melnhof gebracht, die sämtlich unfassbar einseitig gegen den Tierschutz gerichtet waren. Ihr Email interpretiere ich so, dass Sie sehr detailliert von Mayr-Melnhof informiert werden. Seine Aussagen nehmen Sie offenbar für bare Münze, obwohl vieles daran falsch ist, wie ich unten zeigen werde. Unsere Aussagen über sein Gatter glauben Sie dagegen nicht. Ist das Ihre Auffassung von journalistischer Redlichkeit? Wie steht es mit dem Objektivitätsgebot und der Neutralität im öffentlich rechtlichen Fernsehen? Besteht das darin, eine Propagandaschleuder für Mayr-Melnhofs Ergüsse zu sein?

Sie nennen sich Tierschützerin, und wollen damit unterstreichen, dass Sie die Frage Tierschutz versus Gatterjagd neutral angingen. Aber Sie selbst haben einen Fernsehbeitrag im Bereich des Schlosses Mayr-Melnhof mit einem Jagdhund gedreht, dessen Schwanz kupiert war. Wären Sie eine Tierschützerin, dann wüssten Sie bestimmt, dass das als Tierquälerei in Österreich verboten ist. Nämlich nicht nur, einem Hund den Schwanz zu kupieren, sondern auch, einem Hund im Ausland den Schwanz kupieren zu lassen. Sie zeigen also eine gesetzlich strafbare Tierquälerei und erwähnen das in ihrem Beitrag mit keinem Wort kritisch! Wissen Sie, die Normalbevölkerung ist in Sachen Tierquälerei dem gesetzlichen Verbotsstand voraus, d.h. die Menschen empfinden einen Umgang mit Tieren oft als Tierquälerei, auch wenn dieser noch legal ist. Die Politik agiert eben verzögert. Aber Sie sind diesem Normalempfinden noch derart hinten nach, dass Sie etwas, was längst als Tierquälerei verboten wurde, nicht als Tierquälerei empfinden. Eine Tierschützerin sind Sie also sicher nicht.

Als weitere Untermauerung Ihrer angeblichen Neutralität meinen Sie, Sie hätten keinen Bezug zur Jagd. Aber im Jahr 2012 haben Sie einen unkritischen Beitrag über die Jagd verfasst, siehe http://salzburg.orf.at/tv/stories/2518618/. Sind Sie ernsthaft der Meinung, an der Jagd gibt es nichts zu kritisieren? Wie stehts denn mit der Gatterjagd oder der Jagd auf ausgesetzte Zuchttiere, der Baujagd, oder Jagdsafaris im Ausland, der Fallenjagd, der Jagd auf gefährdete Arten, dem Überfüttern von Paarhufern, sodass in Österreich die höchste Wilddichte und gleichzeitig der größte Waldschaden europaweit zu finden ist usw. Keine Kritik wert? Sie können mir nicht erzählen, Frau Wolf, dass Sie nicht jagdaffin sind, noch dazu wo Sie zugeben, gerne Wildbret zu essen!

Dann sprechen Sie verächtlich über die Tierschutzdemos anlässlich des Adventmarkts von Mayr-Melnhofs, bei dem die armseligen Körper der von ihm gequälten Wildschweine verkauft werden. Sie meinen, alle seien sowieso gegen uns und diese Demos würden nur dem Verein schaden. Na wenn das so ist, dann wäre das doch in Ihrem Sinne, nicht? Seltsam, dass Sie sich einerseits darüber erregen, dass wir diese Demos machen, und andererseits, dass der in Ihren Augen arme Mayr-Melnhof von uns kritisiert wird. Also wenn die Demos so wenig Anklang finden, wie Sie meinen, dann erreicht unsere Kritik Mayr-Melnhof offenbar sowieso nicht. Merken Sie den Widerspruch?

Wissen Sie, Widersprüche dieser Art zeigen mir, dass Sie schon längst diese Frage nicht mehr mit kühlem Verstand angehen, sondern emotional. Sie sind nicht neutral, überhaupt nicht. Das ist ganz offensichtlich.

Es ist übrigens ein grundlegend falsches Verständnis von Demonstrationen, wenn Sie glauben, sie dienen nur dazu, Menschen zu überzeugen. Demonstrationen können auch die Funktion haben, einen Protest auszudrücken und zu deponieren, sozusagen Widerspruch einzulegen. Der Öffentlichkeit klar zu machen, dass man mit etwas nicht übereinstimmt. Von 1996 bis 2002 lief unsere Kampagne gegen Zirkusse mit Wildtieren, ständig haben wir vor Zirkuseingängen demonstriert. Fragen Sie einmal die Familie Knie des Österreichischen Nationalzirkus, ob sie sich durch uns verfolgt gefühlt hat! Wie heute mit Ihnen, übrigens, berichteten vor allem die Lokalmedien sehr positiv über die Zirkusse und negativ über uns. Das ist vermutlich so eine Art Lokalpatriotismus. Wie Mayr-Melnhof haben mich die Zirkusse öfter geklagt und mir vorgeworfen, ich würde ihren Ruf schädigen, eine Vendetta gegen sie führen und sie vernichten wollen. Schließlich kam das Verbot trotzdem und von heute auf morgen war ich nie wieder bei den Zirkussen vor Ort. So wird es auch bei Mayr-Melnhof sein. Und nach dieser Kampagne wird sich unser nächstes Kampagnenziel durch uns verfolgt fühlen. Das geht einfach mit NGO-Arbeit einher. Ich empfehle Ihnen, mein Buch „Widerstand in der Demokratie“ zu lesen, da steht das alles drin.

Sie schwärmen mir von Mayr-Melnhofs Redlichkeit und Anstand vor. Haben Sie die zahllosen Fotos im Internet gesehen, wo sich Max Mayr-Melnhof mit Trophäen brüstet, die er auf Auslandssafaris in fernen Ländern geschossen hat? Verhält sich in Ihren Augen so ein anständiger Mensch? Er führt ja sogar eine „Canadian Jagdvermittlungsgesellschaft“, übrigens mit Sitz in Schloss Kogl, von dem Sie behaupten, es hätte nichts mit Mayr-Melnhof zu tun. Haben Sie die Salzburger Bezirksblätter gelesen? Dort bezeichnet mich Mayr-Melnhof als „faschistoiden Populisten, der immer lügt, wenn er den Mund aufmacht“. Halten Sie das für anständig? Was sagen Sie eigentlich zu dem physischen Angriff und der Drohung eines Helfers von Mayr-Melnhof in dessen Auftrag gegen zwei friedliche TierschützerInnen außerhalb seines Gatters, die nur fotografieren wollten?

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Haben Sie das Video dazu gesehen, siehe https://www.facebook.com/martinballuch/videos/10153895690419233/?

Wie stehts mit dem Aussetzen von Zuchtenten im Jagdgatter Mayr-Melnhof zur Abschießbelustigung, das sowohl in unabhängigen Gutachten erwähnt wird, als auch von Friedrich Mayr-Melnhof zugegeben wurde? Wir haben das sinnlose, blutige Massaker vor Ort gesehen und dokumentiert.

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Oder seine vielen zivilrechtlichen Klagen gegen mich. In unserem Berufsjargon nennt man das SLAPPs, strategic law suits against public participation. Das sind Zivilklagen mit dem Ziel, KritikerInnen Angst einzujagen und sie so zum Schweigen zu bringen, ein ganz übliches Verhalten reicher Firmen oder Einzelpersonen gegenüber der Zivilgesellschaft, ein international bekanntes Phänomen. Dass man gegen mich in Österreich mit dieser – wie ich meine undemokratischen – Strategie vorgeht, ist schon lange erwiesen. Auf der Jägertagung in Aigen 2006 wurde dazu aufgerufen und der Hardcore Jäger Rudolf Gürtler hat in einem Rund-Email verkündet, ein Konto extra für Klagen gegen mich mit € 10.000 aus seinem Privatvermögen eröffnet zu haben. Mayr-Melnhof mischt da nun an vorderster Front mit. Bemerkenswert, dass Sie dieses Vorgehen nicht kritisch sehen. Mangelt es da nicht an Demokratieverständnis? Immerhin fordert Mayr-Melnhof vom Gericht, es möge mir in Zukunft Aktionismus der Form eines satirischen Gatterjagdawards verbieten! Da ging es darum, den bekanntesten 7 Gatterjägern Österreichs einen Preis zu überreichen. Mayr-Melnhof erhielt das Steinerne Herz für seine Massaker an Gatterwildschweinen. Finden Sie das ernsthaft gerechtfertigt, wegen so etwas zu klagen? Wollen Sie in einem Land leben, in dem NGOs verboten wird, satirische Preisverleihungen durchzuführen? Wenn Sie sich mit Mayr-Melnhof einlassen, könnten Sie in einem solchen Land enden!

Dann lamentieren Sie über Aufnahmen mit Drohnen, Partezetteln für erschossene Wildschweine und „Wanted“-Pickerl und meinen, ich müsse da wohl verantwortlich sein. Ja, das hat die Staatsanwaltschaft beim Tierschutzprozess auch gedacht, dass ich für alles verantwortlich sei, was im Tierschutz geschieht oder was sich gegen Ziele richtet, gegen die wir Kampagnen machen. Während unserer Zirkuskampagne hat auch irgendjemand einen Generator in einem Zirkuszelt angezündet, allerdings kann ich aus den mir zugänglichen Informationen nicht sagen, ob das vielleicht ein Unfall oder eine Aktion der Zirkusleute selbst war. Ich wurde jedenfalls von der Polizei verhört und verdächtigt. Tja, im Tierschutz gibt es eben zum Glück sehr viele Personen, die sich privat und autonom und ehrenamtlich engagieren. Ich weiß, Sie können das nicht verstehen und nicht nachempfinden. Da opfert ein Dutzend Menschen seinen freien Sonntag und steht vor dem Adventmarkt Mayr-Melnhof und lässt sich von so manchem Beschimpfen, und macht das völlig freiwillig und aus Tierliebe. Finde ich bewundernswert. Und so ist es auch mit sämtlichen von Ihnen angeführten Punkten in Bezug auf Mayr-Melnhof. Alle diese Aktionen waren demokratiepolitisch legitim und ich beurteile sie positiv. Aber verantwortlich bin ich dafür nicht.

Wenn Sie mir jetzt vorwerfen, ich würde nicht mit Staatsanwaltschaft und Gericht zusammenarbeiten, dann verwundert mich das sehr. Würden Sie InformantInnen für Ihre Pressearbeit einem Gericht überantworten? Würden Sie das als „ehrlich“ und „mutig“ bezeichnen? Ich würde das eher als erbärmlich und verräterisch sehen. Natürlich freue ich mich, wenn uns anonyme Personen Aufnahmen aus Schweinefabriken oder Jagdgattern zustecken und natürlich helfe ich den Behörden nicht, diese Personen zu finden. Alles andere wäre eine moralische Bankrotterklärung.

Dann monieren Sie, dass wir Mayr-Melnhofs angezeigt haben, weil sie sich auf der Webseite ihres Schlosses Kogl als „Baron“ bezeichnen. Gleichzeitig behaupten sie, dass das alles gar nicht stimme und das Schloss gar nicht ihnen gehöre. Sofort nach unserer Anzeige verschwand jedenfalls das „Baron“ von der Webseite. Laut Wikipedia haben sowohl der Mayr-Melnhof’sche Forstbesitz, als auch die Canadian Jagdvermittlung Gesellschaft von Max Mayr-Melnhof ihre Sitze in diesem Schloss. Und es gibt einen direkten Zusammenhang zur Gatterjagd: diese ist eine Feudaljagdpraxis, die von vielen ehemaligen Adeligen durchgeführt wird und oft mit dem Nennen des mittlerweile verbotenen Adelstitels einhergeht. Wir haben übrigens auch bei Mensdorff-Pouilly das Führen des Adelstitels „Graf“ in einer Jagdliste erfolgreich angezeigt.

Weiters erregt Sie, dass ich ein Foto von Mayr-Melnhof, das im Internet kursiert und ihn in Baujagdpose zeigt, auf Facebook verbreitet habe. Warum präsentiert sich Mayr-Melnhof so? Wohl weil er stolz ist auf sich und seinen Terrier, zwei harmlose Füchse umgebracht zu haben. Sie fragen, woher ich wisse, dass Mayr-Melnhof da eine Baujagd durchgeführt habe. Ich habe gesagt, er präsentiert sich in Baujagdpose, und genau so sieht dieses Bild aus. Die Füchse haben Verletzungen im Gesicht, wie typisch nach einer Baujagd, es sind zwei, vermutlich Vater und Mutter einer Fuchsfamilie im Bau, und Mayr-Melnhof präsentiert stolz einen Terrier für die Baujagd – wohl nicht, nachdem er zwei Füchse ohne Zutun des Terriers mit dem Gewehr erschossen hat. Aber Ihren Worten entnehme ich, dass Mayr-Melnhof seine Baujagd gar nicht bestreitet. Auch interessant.

Schließlich beschweren Sie sich darüber, dass ich mich öfters auf Umfragen beziehe, die zeigen, dass die große Mehrheit in Österreich die Gatterjagd ablehnt. Sie bezweifeln das, kündigen eine Gegenumfrage an und sprechen von Suggestivfragen. Kennen Sie die Fragen überhaupt? Die Market-Umfrage mit 91,4 % für ein Verbot der Gatterjagd wurde nicht von TierschützerInnen in Auftrag gegeben. Laut dem Fernsehbeitrag auf Servus TV war die Frage einfach, ob man will, dass die Gatterjagd verboten werden soll. Halten Sie das für suggestiv?

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Im Herbst 2015, also mehrere Monate davor, haben wir bei IFES, einem wissenschaftlichen Institut, eine Umfrage in Auftrag gegeben. Da sah das Ergebnis so aus, wie wir in einer Pressekonferenz damals der Öffentlichkeit präsentiert haben:
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Halten Sie diese Frage für suggestiv? Wie würden Sie denn die Frage formulieren? Bei IFES-Umfragen dürfen nie emotionale Begriffe für die Fragen verwendet werden. Oben ist das auch nicht der Fall. Worin vermeinen Sie eine Einseitigkeit zu erkennen?

Typisch für die Jagdpropaganda ist auch, dass Sie darauf bestehen, statt Jagdgatter „Wildgehege“ zu sagen. In Niederösterreich hat man die Jagdgatter in „umfriedete Eigenjagdgebiete“ umbenannt. Vielleicht gefällt Ihnen das besser? Die Verniedlichung durch originelle Namensgebung ist ein typischer Propagandatrick der Tierindustrie, um die Wahrheit zu vertuschen. So nannte man die Kastenstände in der Mutterschweinehaltung plötzlich Ferkelschutzkorb. Finden Sie solche Euphemismen gar nicht problematisch?

In Salzburg gab es bis vor kurzem 4 Jagdgatter, jetzt sind es noch 2, eines im Imlautal und das von Mayr-Melnhofs. Das im Imlautal stünde einem Gatterjagdverbot nicht im Wege, wurde mir mitgeteilt, die junge Generation Kaindl will es sowieso auflösen. Man denkt um, distanziert sich von der Feudaljagd. Nicht so Mayr-Melnhof. Kein Wunder, dass wir ihn deshalb besonders kritisieren.

Dann schwärmen Sie von der Gatterjagd bei Mayr-Melnhofs, die Sie kürzlich besuchen durften. Sind Sie ernsthaft so naiv, zu glauben, dass Sie eine typische Gatterjagd gesehen haben? Kann es sein, dass Mayr-Melnhof die TeilnehmerInnen vorher angewiesen hat, nur zu schießen, wenn die Tiere ruhig stehen und sicher getroffen werden, damit nichts passieren kann? Hatte er überhaupt zahlende Jagdgäste an diesem Tag?

Sie bezweifeln, dass die Tiere den Zaun entlang flüchten, weil Sie das nicht gesehen hätten. Standen Sie am Zaun? Ich schon, viele Stunden lang, und zwar während einer richtigen Gatterjagd dort, und ich und viele andere TierschützerInnen sahen zahllose Tiere die Zäune entlang flüchten. Ich kann Ihnen die Film- und Fotoaufnahmen zeigen. Die Todesangst war den Tieren ins Gesicht geschrieben.

Der größte Scherz: Sie behaupten, Mayr-Melnhof würde im Jagdgatter nicht mit Hunderudeln jagen. Ach ja, was habe ich dann gefilmt und fotografiert? Hier ein Beweisfoto aus einem Film:

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Die roten Ringe zeigen die Hunde, die im Rudel gejagt haben, weit und breit kein Mensch. Es handelt sich um das Jagdgatter Mayr-Melnhof am 15. Dezember 2015, mitten bei seiner Treibjagd.

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Hier ist bei derselben Treibjagd ein Jagdhund dicht hinter einem Wildschwein zu sehen, das er hetzt. Wiederum ist weit und breit kein Mensch in Sicht.

Es gibt ein Gutachten der Wildbiologin Karoline Schmidt, das bestätigt, dass die Treibjagd im umzäunten Gatter Tierquälerei ist. Und, nein, dieses Gutachten ist keine Auftragsarbeit, Dr. Schmidt hat dafür kein Geld bekommen. Sie können es gerne lesen und sich ein eigenes Bild machen: https://vgt.at/actionalert/gatterjagd/gutachten.php#gatterjagd

Sie bezweifeln, dass der Schuss auf in Panik flüchtende Tiere nicht zu 90 % nur verletzt, statt zu töten? Denken Sie, so ein Schuss ist so einfach? Ich vermittle Ihnen gerne einen Schießausbildner der Polizei, der 30 Jahre lang gejagt hat, auch in Jagdgattern, und der Ihnen das erklären kann und diesen Prozentsatz bestätigen wird. Aber es würde vermutlich auch reichen, neutrale JägerInnen zu fragen, nicht Ihre Einflüsterer aus dem ehemaligen Adel.

Sie bezweifeln auch die Jagden nach Neujahr. Seltsam, im Email des Verwalters von Mayr-Melnhof an Sie wird das sogar erwähnt. Aber die Quelle meiner Information ist die stellvertretende Landeshauptfrau Astrid Rössler, die mir das gesagt hat.

Damwild, so sagen Sie, sei bereits vor 60 Jahren ausgesetzt und in den letzten Jahren nicht mehr nachbesetzt worden. Eine „Blutauffrischung“ geben Sie aber zu. Ach ja, wieder so ein Euphemismus. Blutauffrischung, Frau Wolf, steht für stinknormales Nachbesetzen von jagdbarem Wild zum Abschuss. Und wer hat das getan, wer hat vor 60 Jahren diese Damhirsche eingeführt? Wer hat damals diesen Grund besessen?

Eine der Krönungen Ihrer Falschmeldungen: das Jagdgatter sei ökologisch durch ca. 700 Wildschweine und 150 Damhirsche nicht belastet. Woher haben Sie das denn? Vielleicht aus dem Mund eines Gatterjägers, der sicher ganz ehrlich ist? Das ist schon unfassbar, Frau Wolf. Nennen Sie das seriöse Recherche? Es gibt das Gutachten eines forstlichen Sachverständigen, das Ihnen bestätigen würde, wenn Sie es lesen würden, dass Jagdgatter die Natur ruinieren, siehe https://vgt.at/actionalert/gatterjagd/gutachten.php#waldschaeden. Aber in Wahrheit ist das doch offensichtlich. Abgesehen davon finden Sie in jedem wissenschaftlichen Gutachten über die Antheringer Au im Jagdgatter die Aussage, dass das Jagdgatter die Natur zerstört. Wir werden am 6. Dezember 2016 dazu in Salzburg eine Pressekonferenz abhalten, zu der Sie herzlich eingeladen sind. Kommen Sie? Oder machen Sie das davon abhängig, ob es irgendwie möglich sein wird, negativ über uns und glorifizierend über Mayr-Melnhof zu berichten?

Besonders originell und deshalb nicht weniger falsch Ihr Vorwurf – Sie geben sogar vor, mich wörtlich zu zitieren – ich hätte ein Drohnenfoto mit dem Kommentar versehen, die Wildschweine würden „zusammengeschoben“. Das habe ich nicht. Seltsamerweise hält mir Mayr-Melnhof genau das aber ständig vor. Ist das wieder Ihr seriöser Journalismus, Einflüsterungen der Gatterjagdseite eins zu eins und ohne kritisches Hinterfragen zu übernehmen? Lesen Sie doch unseren damaligen Bericht dazu: https://vgt.at/presse/news/2015/news20151216es.php.

Und dann schießen Sie überhaupt den sprichwörtlichen Vogel ab. Sie behaupten frei heraus, man könne Mayr-Melnhof nicht die Bewilligung für das Jagdgatter entziehen, weil sie ja unbefristet (vermutlich von seinem eigenen Vater) ausgestellt worden ist! Sie meinen also, wenn jemand die unbefristete Bewilligung zu einer Kohleförderung erhält, dann darf man die ihm in 1000 Jahren nicht nehmen, auch wenn wir später feststellen, dass Kohleverbrennung den Klimawandel hervorruft? Seit 1980 ist viel Wasser die Salzach hinunter geflossen, seitdem ist das Areal zum Natura 2000 Schutzgebiet erklärt geworden und seitdem hat man eine ganz andere Einstellung zu Tierschutz. Natürlich kann das zu einem Gatterjagdverbot und zu einem Entzug der Bewilligung führen. Mayr-Melnhof flüstert Ihnen vielleicht Anderes ein, keine Frage, er hat ja handfeste persönliche Interessen, aber hier können Sie das Gutachten eines neutralen Verfassungsexperten und Univ.-Prof.s für Verfassungsrecht an der Uni Wien, nämlich Stefan Hammer, einsehen: https://vgt.at/actionalert/gatterjagd/gutachten.php#verfassungsrecht. Übrigens hat auch die Burgenländische Landesregierung ein solches Gutachten erstellen lassen, und aus dem Umstand, dass das neue Jagdgesetz noch immer nicht beschlossen wurde, kann man ablesen, dass auch dieses Gutachten ergeben hat, dass die unbefristeten Gatterjagdbewilligungen, wie jene für Mensdorff-Pouilly, aufgehoben und die Gatterjagd verboten werden kann. Ich hoffe Sie glauben diesen VerfassungsexpertInnen eher, als Mayr-Melnhof.

Der Lainzer Tiergarten in Wien war bis vor kurzem ein Jagdgatter von 2500 ha Größe, also etwa 5 Mal so groß wie jenes von Mayr-Melnhof. Dort wurden jährlich 1500 Wildschweine geschossen. Die Wildschweindichte bei Mayr-Melnhofs ist also höher, als sie im Lainzer Tiergarten war, und dennoch hat die Stadt Wien als Betreiberin des Jagdgatters Lainzer Tiergarten in Zusammenarbeit mit dem VGT die Gatterjagd eingestellt und will das Jagdgatter innerhalb von 5 Jahren auflösen. Der Grund dafür sind sowohl Tierschutzbedenken, als auch die Zerstörung der Natur durch den viel zu hohen Besatz. Was für den viel größeren und weniger dicht besetzten Lainzer Tiergarten gilt, muss daher umso mehr für das kleinere und dichter besetzte Jagdgatter Mayr-Melnhof gelten. Ich bitte Sie, wenn Sie mir nicht glauben, den zuständigen Leiter des Lainzer Tiergartens und den Forstdirektor der Stadt Wien dazu zu befragen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Die beiden befanden sich in einer ähnlichen Situation wie jetzt Mayr-Melnhof, wir haben ständig vor dem Eingang zum Lainzer Tiergarten demonstriert, aber in Wien wurde vernünftig reagiert. Nach einer Reihe von Verhandlungen wurde ein wunderbarer Kompromiss erzielt. Warum geht das eigentlich mit Mayr-Melnhof nicht?

Hier noch ein Artikel eines Jägers darüber, dass auch Schleswig-Holstein die Gatterjagd verboten und Bismarcks Jagdgatterbewilligung aufgehoben hat:

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Der Tierschutzrat der Republik Österreich hat am 15. März 2016 einstimmig folgende Stellungnahme zur Gatterjagd verabschiedet:

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Innerhalb der Jägerschaft gibt es eine Petition gegen die Gatterjagd, wie sie bei Mayr-Melnhof stattfindet, die von sehr vielen prominenten JägerInnen unterschrieben und zusammen mit einem offenen Brief in Jagdzeitschriften veröffentlicht wurde, und die die Gatterjagd als pervers bezeichnet.

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offenerbriefausschnitt2Aus der Jägerschaft meldeten sich auch Karl Liechtenstein, Großgrundbesitzer, und DI Franz Puchegger, Obmann des Ökojagdverbands, in Interviews gegen die Gatterjagd zu Wort.

falterliechtensteinFalter vom 9. 3. 2016

falterdipucheggerFalter vom 9. 3. 2016

Und in einem Corporate Governance Kodex für die Jagd (http://jaeger-kodex.webnode.com/) wird die Gatterjagd (Punkt 1) abgelehnt.

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Die Tierschutzombudsfrau der Steiermark, selbst Jägerin, wenn auch nicht praktizierend, und ehemalige Amtstierärztin, Dr. Barbara Fiala-Köck, sagte wörtlich auf der Fachtagung zur Jagdethik im November 2015 in Stainz: „Bewegungsjagden in Jagdgattern sind keinesfalls zur Bestandsreduktion oder zur Vermeidung von Jagddruck notwendig und daher besonders tierschutzrelevant. Unter Zugrundelegung der Maßstäbe des Tierschutzrechts kann hier sehr schnell der Tatbestand der Tierquälerei erfüllt sein.“

In einem Artikel zum ethischen Selbstverständnis der Jagd in der Jagdzeitschrift Weidwerk 4/2011 sprechen sich prominente AutorInnen aus der Jägerschaft klar gegen die Gatterjagd aus: „Jagd kann es nur in der freien Wildbahn, nicht aber in umfriedeten Gebieten (Zaun, Mauer usw.) geben. Die [Tötungen] in umfriedeten Gebieten sollten, da sie keine Jagd sind, dem Tierschutzrecht unterliegen“ (Seite 11). Dieselbe Forderung bringen wir vor, nichts Anderes.

Sechs von Neun österreichischen Bundesländern verbieten die Jagd im Gatter, wie sie bei Mayr-Melnhof praktiziert wird, in ihren Jagdgesetzen:

Kärnten:
§ 4a Das Jagdgesetz ist nicht auf Gehege anwendbar.
§ 8 (7) Der Verkauf von Wildabschüssen in einem Gehege, das der Fleischgewinnung dient, ist verboten.

Oberösterreich:
§ 4 g) Ruhen der Jagd in Einrichtungen, in denen jagdbares Wild nicht im Zustand der natürlichen Freiheit gehalten wird (Fasanerien).
§ 4 h) Ruhen der Jagd in Wildgehegen und Tiergärten.

Steiermark: § 4 (5) Wildgatter, die ausschließlich oder vorwiegend dazu dienen, das Wild im Gatter zu erlegen, sind verboten und dürfen nicht errichtet oder betrieben werden.

Tirol:
§ 7 (4) d) Die Haltung und Tötung der Tiere in einem Gehege ist nach veterinär- und tierschutzrechtlichen Vorschriften zulässig.
§ 7 (9) Das Jagdgesetz ist auf Gehege nicht anwendbar.

Vorarlberg:
§ 4 (2) Tiere in Tiergärten, Wildparks, Wildgattern oder ähnlichen Anlagen mit Ausnahme von Wildwintergattern gelten nicht als wildlebend und daher nicht als Wild.
Nach § 2 (1) ist das Jagdrecht das Recht, Wild zu hegen, zu jagen und sich anzueignen.

In Wien ist ein Verbot in Begutachtung:

Wien: § 90a (1) Die Errichtung von Jagdgattern (Jagdgehegen) ist verboten.

Zuletzt fragen Sie mich, warum ich nicht die Propaganda von Mayr-Melnhof und seinen Verwaltern veröffentliche. Fragen Sie mich das ernsthaft? Haben Sie auch Mayr-Melnhof gefragt, warum er nicht meine Aussagen veröffentlicht oder wäre es in Ihren Augen meine Pflicht, seine Statements zu veröffentlichen, aber natürlich nicht umgekehrt? Ich bin mir nicht ganz klar, wie diese seltsame Aufforderung von Ihnen einzuordnen ist, aber vermutlich einfach in die Schublade „unendlich einseitige Sichtweise der Dinge“, wie sie sich in Ihren Fernsehbeiträgen widerspiegelt.

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Balluch

4 Gedanken zu “Ein weiterer offener Brief an Redakteurin Ulli Wolf vom ORF Salzburg

  1. Hoffentlich sieht Frau Ulli Wolf auch einmal ein, dass Objektivität nicht bedeutet, einfach den Mittelwert der gutbürgerlichen “adeligen” Meinungen zu einem Thema heranzuziehen, sondern sich ernsthaft und ohne auf Persönliches einzugehen mit der Sache zu beschäftigen.

    Die Sache an sich und der Wunsch der Gesellschaft nach mehr Tierschutz ist relativ gut empirisch feststellbar. Dass Änderungen natürlich auch mit emotionalen Bildern herbeigeführt werden müssen ist klar und wird in allen Bereichen der Politik so gemacht. Wenn aber eine Journalistin des ORF Politisches Tagesgeschehen und Fakten zum Thema Umweltzerstörung und Tierschutzbewusstsein verwechseln, dann wirft das schon ein problematisches Bild auf den heutigen Journalismus…

  2. Frau Wolf und die Leitung des ORF werden von mir ein Schreiben erhalten. Ich bin nicht länger bereit Rundfunkgebühren für einen Sender zu bezahlen, der eine derart unqualifizerte MItarbeiterin in seinen Reihen hat, die fern jeder Objektivität ist.

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