29. März 2024

Kleingeist gegen Tierschutz-Aktionismus

Anlässlich unserer Tierschutz-Aktion an der Triumphpforte in Innsbruck gab es auch zahlreiche Kommentare von MitbürgerInnen, die diese Art des Aktionismus radikal verurteilen. So wurde gesagt, dass man sich an Gesetze ohne Wenn und Aber zu halten habe, wo käme man denn hin, wenn jedeR auf die Triumphpforte klettern würde, dass wir (wieder) ins Gefängnis gesperrt gehören und am besten mehrere 100.000 Euro für die seltsame COBRA-Aktion zahlen sollten.

Mich erinnert diese Einstellung, die hier ihren Ausdruck findet, an den „Am Schauplatz“ Beitrag im ORF, den ich kürzlich kritisiert habe, siehe https://martinballuch.com/?p=1501. Hier wie dort fehlt offenbar völlig das Verständnis dafür, warum wir unsere Aktionen durchführen. Hier wie dort besteht ein kleinkariert kleingeistiges Unbehagen angesichts provokantem Tierschutz-Aktionismus. Da nicht nachvollzogen werden kann, warum wir so handeln, wird davon ausgegangen, dass es einfach die Lust am Provozieren und Stören ist, die uns treibt. Und das regt die braven  KleinbürgerInnen ungeheuer auf, haben sie sich doch immer ohne Murren an alle Regeln angepasst, waren diese noch so absurd.

Zunächst einmal empfinde ich das sture Einhalten aller Gesetze nur deswegen, weil sie Gesetze sind, und an Gesetze hält man sich nun einmal, für ziemlich hirnlos. Zwar würde ich auch nicht dafür plädieren, ein Gesetz zu brechen, wenn es dafür keinen Anlass gibt. Aber von einem vernünftigen Menschen würde ich erwarten, dass er den Sinn eines Gesetzes erfasst, und diesen erfüllt, d.h. das Gesetz nur dann einhält, wenn das unter den gegebenen Umständen sinnvoll ist. Sinnvoll bedeutet hier, im Sinne der Intention der Legislative, d.h. ich habe mich an ein Gesetz zu halten, wenn ich dadurch der Intention der gesetzgebenden – und in einer Demokratie hoffentlich gewählten und damit die Mehrheitsmeinung vertretenden – Körperschaft folge. Z.B. entstand die Regel, bei Rot nicht über die Kreuzung zu gehen, aus der Intention einen sicheren Fließverkehr zu ermöglichen. Wenn ich also um 3 Uhr früh an einer gut einsichtigen Kreuzung ohne jeden Verkehr zu einer roten Ampel komme, kann ich genauso gut die Kreuzung überqueren, weil ich ja den sicheren Fließverkehr dadurch nicht gefährde.

Daneben gibt es aber unter Umständen Gesetze, die nicht auf demokratischem Weg entstanden sind und möglicherweise der Mehrheitsmeinung oder den Grundrechten entgegen stehen. Solche Gesetze nicht einzuhalten kann sogar geboten sein.

Im vorliegenden Fall geht es aber darum, ein Gesetz zu brechen, um Aufmerksamkeit für ein politisch-gesellschaftliches Anliegen zu erreichen. Das gebrochene Gesetz ist, wenn überhaupt, eine Verwaltungsübertretung, vergleichbar dem Falschparken, also eine Lappalie. Der Grund ist, in unserem Fall, dass das Mehrheitsanliegen, Tierschutz in die Verfassung zu erheben und ein strenges Tierversuchsgesetz einzuführen, von einer mit Lobbyismus zersetzten Partei demokratiewidrig sabotiert wird. Man könnte statt der Aktion auch für ca. 1 Million Euro die entsprechenden Presse-, Radio- und Fernsehberichte als bezahlte Werbeeinschaltungen finanzieren. Dann würden, interessanter Weise, die braven KleinbürgerInnen darin kein Problem sehen. Als IdealistInnen ohne Geld kann man aber nur auf spektakulären Aktionismus setzen, um die Botschaft in die Medien zu bringen. So rechtfertigt sich der Gesetzesbruch: in einer Demokratie sollten weder die Reichen mit großem Werbebudget, noch die LobbyistInnen mit direktem Politikzugang, einen größeren Einfluss auf die Entscheidungen haben, als die IdealistInnen ohne Geld und ohne Anfütterpotential.

Der Fehler dieser kleingeistigen Beschwerden liegt aber schon darin, dass es niemandem eine Freude macht, solche Aktionen durchzuführen und sich damit der Polizei auszuliefern und letztlich in einer Zelle zu sitzen und ein Strafverfahren aufgehalst zu bekommen. Diese Aktionen macht man gegen seinen hedonistisch Wunsch, Spaß zu haben, sondern weil man sich aus Verzweiflung und Mitgefühl für eine gute Sache opfert. Doch das kann ein Kleingeist nie verstehen.

Aber auch wenn wir aus Spaß die Triumphpforte erklettert hätten: was wäre dabei, wenn „das jedeR täte?“ Was ist das Problem, wenn jemand aus der Reihe tanzt und unorthodoxe Aktionen setzt? Wenn das Denkmal nicht beschädigt und der Verkehr nicht blockiert wird, wen stört dort oben ein Kletterer? Das ist ein weiterer Aspekt der Kleingeist-Mentalität: Ordnung muss sein, um jeden Preis, auch wenn das undemokratische Entscheidungen und eine Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten bedeutet.

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