28. März 2024

Klimawandel ist … wenn ich am 26. Dezember vor Hitze im T-Shirt den Schatten suchen muss

Ich habe einige Menschen gefragt, die immer schon hier im Gebirge in Ostösterreich leben. Noch nie, sagen sie mir einhellig, noch nie war es im Dezember so warm und hat es so überhaupt keinen Schnee gegeben. Das Jahr 2013 war schon rekordverdächtig, aber immerhin lagen da auf 1000 m Seehöhe zu Weihnachten noch 10 cm Schnee und ab 1300 m gab es eine richtige Schneedecke. Heuer aber ist es erstmals bis in große Höhen vollständig aper. Am 26. Dezember saß ich im T-Shirt, kurzer Hose und ohne Socken und Schuhe auf einer Wiese in 600 m Höhe. Die Sonne schien so heiß vom Himmel, dass ich den Schatten aufsuchen musste. Und weit und breit kein Fleckchen Schnee. Später fand ich, dass mich ein Zeck gebissen hatte. Am 26. Dezember! Vom Winter bleiben nur noch die langen Sonnenuntergänge.

Manche Leute sagen, ach was, der Klimawandel ist doch gut. Endlich ein paar Grad wärmer und wer will schon schifahren. Aber übersehen wird, dass wenn wir nichts unternehmen, der Klimwandel nicht bei ein paar Grad stoppen wird. Was soll ihn aufhalten, die Atmosphäre immer weiter und weiter zu erwärmen, bis wir hier Zustände wie auf der Venus haben, wo kein Leben möglich ist? Warum sollte die Erwärmung begrenzt sein, wenn unsere Gier nach Energie unbegrenzt ist?

Manche Leute sagen, ach was, der Klimwandel ist nichts Neues. Immer wieder war es schon wärmer als heute auf der Erde, und auch kälter. Aber übersehen wird, dass die Klimaänderung heute viel schneller vonstatten geht, als je zuvor, und dass solche Klimaschwankungen auch immer mit dem massenhaften Tod von Lebewesen einhergingen. Wer hat die Kälteperiode vor 700 Millionen Jahren, als die Erde ein Eisball war, schon überlebt? Mehrzellige Wesen hätten da jedenfalls keine Chance gehabt. Und umgekehrt, eine immer größere Hitze ist nicht minder gefährlich. Die Wüsten breiten sich aus, die Wirbeltiere müssten zusammenrücken. Nur, wohin? Wer bringt die Klimaflüchtlinge dann alle unter? Werden wir die Grenzen öffnen und alle Menschen (und Tiere) aufnehmen, deren Lebensraum durch unseren Einfluss zerstört worden ist? Oder bauen wir immer bessere und höhere Zäune um uns herum, an dem die Hilfesuchenden abgewiesen werden?

Manche Leute sagen, ach was, der Meeresspiegel steigt doch eh nicht, wenn ein Eiswürfel im Wasserglas schmilzt, geht das Glas danach auch nicht über. Aber übersehen wird, dass das allermeiste Eis auf festen Kontinenten steht, z.B. in Grönland und vor allem der Antarktis, und dass sich wärmeres Wasser ausdehnt. Bis zur Jahrhundertwende sollen es „nur“ 5 m sein, die der Meeresspiegel steigt, aber danach werden es 70 m oder sogar mehr werden. In der Vergangenheit haben Änderungen im Klima die Meeresoberfläche um bis zu 120 m schwanken lassen. Dann wären nicht nur die Niederlande völlig überschwemmt, das Meer stünde schon bis ins Burgenland. Wo bringen wir die Menschen (und Tiere) unter, deren Land unter Wasser steht?

Aber wenn es natürliche Klimaschwankungen gibt, woher weiß man, dass diesmal wir Menschen schuld sind? Das ist eindeutig. Wir wissen ja nicht vom Klimawandel, weil wir messen, dass die Erde wärmer wird. Wir wussten schon lange vor der ersten messbaren Erwärmung davon, dass sie kommen wird. Das ist relativ einfach auszurechnen. Wenn man die Naturgesetze der Energieerhaltung, der Impulserhaltung und der Drehimpulserhaltung mit mathematischen Gleichungen für die Erdatmosphäre formuliert und die Wechselwirkung von Strahlung und Luft einbezieht, sowie die Reflexionsbedingungen an der Erdoberfläche, den Wärmeausstausch an der Meeresoberfläche und die Bildung von Wolken, dann kann man diese Gleichungen lösen und erhält die Erderwärmung unter Voraussetzung des messbaren Treibhausgasausstoßes. Ich habe das getan, schon 1991 in Zusammenarbeit mit einigen anderen WissenschaftlerInnen an der Uni Cambridge in England. Und der Klimawandel war schon längst vorhersehbar, lange bevor er gemessen wurde.

Aber vielleicht rettet uns der Golfstrom, weil durch die Änderung des Salzgehalts könnte er umschlagen? Naja, dann wird’s im Westen Europas wieder kühler, und zwar so, wie es heute schon in derselben nördlichen Breite an der Westküste Amerikas kühler ist. Die Erderwärmung ändert das wenig.

Und die zunehmenden Stürme, die Fluten, die Wetterkapriolen? Und dass die Tropenkrankheiten, die aus einer Region stammen, in der es keinen Winter gibt, in dem die Insekten absterben, nach Norden wandern? Heute beißen schon die Zecken am 26. Dezember! Was, wenn es keinen Winter mehr gibt, an dem sie in den Winterschlaf treten?

Wie können wir leichten Herzens und ohne erkennbare Reaktion so etwas den kommenden Generationen antun? Ja, zu meinen Lebzeiten werden die Effekte des Klimawandels noch eher gering ausfallen. Aber auf die nächste und übernächste Generation kommt da einiges zu. Was sagen wir, wenn die uns fragen, warum wir das zugelassen haben? Wo wir doch wussten, was wir anrichten. Wie konnten wir so verantwortungslos sein!

3 Gedanken zu “Klimawandel ist … wenn ich am 26. Dezember vor Hitze im T-Shirt den Schatten suchen muss

  1. So, wie die Masse der Bevölkerung, nicht bereit / willens ist, zu Gunsten der Tiere,
    auf tierische Produkte zu verzichten — so ist auch keine Bereitschaft da, den nächsten Generationen gegenüber, verantwortungsvoll zu handeln.

    ( liegt es in den Genen des Menschen ? …)

    Jo

  2. Danke für den beitrag. Ich halte es nicht mehr aus, dass niemand dieses problem ernst zu nehmen scheint! Ich wünschte, der klimawandel würde die atmosphäre immer kälter werden lassen, ich glaube, dann würden mehr menschen etwas dagegen unternehmen. 🙁

  3. Martin, Du hast meiner Ansicht nach voellig recht mit Deinen Beobachtungen zum Klimawandel. Ich fuerchte jedoch, solange mit den “Verursachern” fuer einige in der Industrie viel Geld zu verdienen ist, wird sich in den kapitalistischen Gesellschaften nicht viel aendern.
    Gegenmassnahmen muessten am besten sofort getroffen werden, und jeder, auch nur einigermassen verantwortungsbewusste, Bewohner des Planeten Erde muesste mitmachen – aber noch sind die Auswirkungen fuer den durchschnittlichen Buerger, der nicht so wie Du, oder ich, viel Zeit im Gebirge, oder sonst wo in der Natur verbringt, zu wenig spuerbar, als dass dadurch ein Umdenken erzungen werden wuerde. Daher bleibt wohl vorerst nur, mit gutem Beispiel vorangehen, und Aufklaerungsarbeit leisten….
    beste Gruesse,
    joerg

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