28. März 2024

Kreative Selbstanzeige von Roland Hoog

Staatsanwaltschaft Linz
Fadingerstraße 2
4020 Linz

Linz, 24.06.2013

 SELBSTANZEIGE

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe Geschäfte, Konzerne und Betriebe durch die Ankündigung von legalen Kampagnen für den Fall der Nicht-Beachtung von (1) Tierschutzinteressen, (2) Interessen von Kindern und Erwachsenen in Zulieferbetrieben insbesondere der Textil-, Schokolade- und Spielzeugindustrie in Entwicklungs- und Schwellenländern, (3) Interessen aller Menschen nicht Opfer von kriegerischen Auseinandersetzungen zu werden, (4) Umwelt-, Natur- und Klimaschutzinteressen dazu bewegt oder bewegen versucht, derartige Interessen im weiteren Geschäftsbetrieb zu wahren. Ich habe andere auch dazu aufgefordert, selbiges zu tun. Ich habe durch die Aufforderung zu legalen Streiks für den Fall der Nicht-Beachtung von (5) ArbeitnehmerInnen-Interessen Betriebe dazu bewegt oder bewegen versucht, derartige Interessen im weiteren Betrieb zu wahren.

Ich habe mich damit der Straftaten des § 105 Abs 1 StGB, gegebenenfalls auch § 106 Abs 1 Z 1 StGB, jeweils auch in Verbindung mit § 12 zweiter Fall StGB, strafbar gemacht.

Der Großteil der Tathandlungen (Absenden der E-Mails) erfolgte in Linz, weshalb die Straftaten in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Linz fallen.

Zu den inkriminierten Straftaten möchte ich wie folgt ausführen:

Mir ist jedenfalls bewusst, dass durch legale Kampagnen für die betroffenen Unternehmen Umsatzeinbußen entstehen können. Ich habe dies ernstlich für möglich gehalten und mich damit abgefunden (siehe Urteil Seite 44).

Ich habe keinen Rechtsanspruch darauf, dass

1.      Bekleidungsgeschäfte Tierschutzinteressen wahren (siehe Urteil Seite 47),

2.      Geschäfte die Interessen von Kindern und Erwachsenen in Zulieferbetrieben insbesondere der Textil-, Schokolade- und Spielzeug-Industrie in Entwicklungs- und Schwellenländern wahren (arg Urteil Seite 47),

3.      Rüstungskonzerne und -betriebe die Interessen aller Menschen, nicht Opfer von kriegerischen Auseinandersetzung zu werden, wahren (arg Urteil Seite 47),

4.      Betriebe Umwelt-, Natur- und Klimaschutzinteressen wahren (arg Urteil Seite 47),

5.      Betriebe ArbeitnehmerInnen-Interessen wahren (arg Urteil Seite 47).

Da sich meine Drohungen sowie Aufforderungen zu Drohungen lediglich auf legale Kampagnen (und Streiks) beschränken, sind mir auch nur solche zuzurechnen. Es handelt sich dabei um den Fall, dass sowohl der Einsatz des Mittels (legale Kampagnen), als auch die Erreichung des Zwecks (Tierschutz-, Menschenschutz-, Menschenrechts-, Umweltschutz-, Naturschutz-, Klimaschutz- und ArbeitnehmerInnen-Interessen) erlaubt sind (siehe Urteil Seite 47).

Die von mir begangenen Nötigungen und Aufforderungen zu Nötigungen wären demnach nur dann nicht strafbar, wenn ich das Recht auf die begehrten Verhalten und auf den Vollzug der angedrohten Übel besitze (siehe Urteil Seite 47). Ich besitze weder das Recht auf das begehrte Verhalten noch auf den Vollzug der angedrohten Übel, weshalb die Drohungen und Aufforderungen zu Drohungen mit Verletzungen am Vermögen zu qualifizieren sind welche wiederum geeignete Nötigungsmittel darstellen (siehe Urteil Seite 47).

(1) Ein Ausstieg aus dem Pelzhandel, (2) ein Ausstieg aus dem Handel mit Produkten aus Kinderarbeit, Sweatshops, Betrieben mit unzumutbaren Arbeitsverhältnissen oder nicht Existenz-sichernden Löhnen, (3) ein Ausstieg aus der Produktion und dem Handel mit Waffen und Zulieferteilen für die Rüstungsindustrie, (4) ein Ausstieg aus der Produktion und dem Handel Umwelt-, Natur- und Klima-schädigender Verbrauchsprodukte, und (5) ein Ende der Profitmaximierung auf Kosten der ArbeitnehmerInnen würde nach meiner Auffassung jedenfalls eine Beachtung von (1) Tierschutzinteressen, (2) Interessen von Kindern und Erwachsenen in Zulieferbetrieben insbesondere der Textil-, Schokolade- und Spielzeugindustrie in Entwicklungs- und Schwellenländern, (3) Interessen aller Menschen nicht Opfer von kriegerischen Auseinandersetzungen zu werden, (4) Umwelt-, Natur- und Klimaschutzinteressen, (5) ArbeitnehmerInnen-Interessen bedeuten. Ich habe bei meinen Forderungen bewusst nicht auf „berechtigte“ Interessen abgestellt. Eine Drohung mit einer Schädigung bzw. Verletzung am Vermögen stellt in diesem Zusammenhang keine sachlich gerechtfertige Mittel-Zweck-Beziehung dar (siehe Urteil Seite 48).

Ich unterliege keinem Verbotsirrtum weil mir die Strafbarkeit meines Verhaltens nach Studium des eindeutigen Urteils zu 19 Bs 491/12p bewusst sein musste. Eine Sittenwidrigkeit vermag ich jedoch trotz größtem Bemühens meinerseits in dem inkriminierten Verhalten bislang noch nicht erkennen (siehe Urteil Seite 48).

(1) Ein Ausstieg aus dem Pelzhandel ist aus meiner Sicht (wie oben bereits dargestellt) im Tierschutzinteresse, insbesondere weil (i) eine Pelzproduktion in artgerechter Tierhaltung nicht möglich ist (und auch nach meinem Wissen von niemand behauptet wird – es wurde in Österreich auch die gesamte Pelzproduktion verboten und nicht bloß solche aus nicht artgerechter Haltung) und (ii) die Hautgewinnung von Nutztieren oder Wildtieren (etwa Häute, Felle, Leder) im allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Pelzgewinnung (Leder ist kein Pelz) verstanden wird (siehe Urteil Seite 49).

(2) Ein Ausstieg aus dem Handel mit Produkten aus Kinderarbeit, Sweatshops, Betrieben mit unzumutbaren Arbeitsverhältnissen oder nicht Existenz-sichernden Löhnen ist aus meiner Sicht im Interesse von Kindern und Erwachsenen in Zulieferbetrieben insbesondere der Textil-, Schokolade- und Spielzeugindustrie in Entwicklungs- und Schwellenländern, insbesondere weil damit der Einstieg in den fairen Handel verbunden ist.

(3) Ein Ausstieg aus der Produktion und dem Handel mit Waffen und Zulieferteilen für die Rüstungsindustrie ist aus meiner Sicht im Interesse aller Menschen nicht Opfer von kriegerischen Auseinandersetzungen zu werden, insbesondere weil kriegerische Auseinandersetzungen ohne Waffen nicht möglich wären.

(4) Ein Ausstieg aus der Produktion und dem Handel Umwelt-, Natur- und Klima-schädigender Verbrauchsprodukte ist aus meiner Sicht im Umwelt-, Natur- und Klimaschutzinteresse, insbesondere weil damit eine vermehrte Produktion und ein vermehrter Handel mit Umwelt-, Natur- und Klima-schonenden Verbrauchsprodukten verbunden wäre.

(5) Ein Ende der Profitmaximierung auf Kosten der ArbeitnehmerInnen ist aus meiner Sicht im ArbeitnehmerInnen-Interessen, insbesondere weil (i) damit Zeit- und Geldwohlstand, sowie Arbeitsfreude gestärkt würden, (ii) was sich in weiterer Folge positiv auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken würde.

Ich ersuche um Prüfung auf allfällige Erfüllung der Straftatbestände § 105 Abs 1 StGB (Nötigung) bzw § 106 Abs 1 Z 1 StGB (Schwere Nötigung) im Lichte des Urteils des Oberlandesgerichts Wien 19 Bs 491/12p vom 23.05.2013.

Ich ersuche um Information über den Ausgang des Verfahrens und verbleibe bis dahin mit freundlichen Grüßen,

Linz, am 24. Juni 2013

Roland Hoog, geb…

 

Anlage:
– Ausdruck Screenshot der inkriminierten E-Mails

——– Original Message ——–

 

 

Gesendet: Montag, 24. Juni 2013 um 14:14 Uhr
Von: “Roland Hoog” <hoogroland@gmx.at>
An: land.armaments@baesystems.com, careers@eads.net, dialog@daimler.com, info.wheeledvehicles@gdels.com, kontakt.at@siemens.com, mon@monsanto.de, presse.pr@at.nestle.com, info@coca-cola.de, kundenservice@at.mcd.com, monika.matausch@at.bp.com, companyinfo@de.pgconsumers.com, investor.relations@adidas-Group.com, info.de@mattel.com, Esa-AAE@ec.europa.eu, verbraucherservice@mdlz.com, info@kik-textilien.de, office@kleiderbauer.at
Betreff: Für eine bessere Welt 🙂

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Stimmung für Fairness, Menschenrechte, Weltfrieden, und den Schutz von Tieren, Umwelt, Natur, Klima und ArbeitnehmerInnen-Interessen ist enorm. Eine positive Bewerbung Ihres Unternehmens ginge aber nur bei einem Komplettausstieg aus allen fragwürdigen Geschäften – insbesondere Produktion und Handel mit Waffen und Zulieferteilen für die Rüstungsindustrie, Handel mit Produkten aus Kinderarbeit, Sweatshops und Betrieben mit unzumutbaren Arbeitsverhältnissen oder nicht Existenz-sichernden Löhnen, Produktion und Handel mit Umwelt-, Natur- und Klima-schädigenden Verbrauchsprodukten, Profitmaximierung auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, sowie Pelzhandel – ich weiß, dass nicht alle hier aufgelisteten Punkte auf Ihr Unternehmen zutreffen, aber eine positive Bewerbung Ihres Unternehmens ist nur bei einem Komplettausstieg aus allen fragwürdigen Geschäften möglich.

Andernfalls werden wir eine große Kampagne starten mit angemeldeten Demonstrationen, Flugblätterverteilen, Medienberichten und Straßentheater.

Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass das Festhalten an fragwürdigen Geschäftspraktiken sinnlos ist. Noch nie hat ein Unternehmen die Proteste länger durchgehalten. Und schon gar kein so marodes wie Ihres.

Wir sind immer um ein angenehmes Gesprächsklima bemüht.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Hoog

 

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English version:

The mood for fairness, humanrights, global peace and protection of animals, environment, climate, nature and employee interests is enormous. A positive promotion of your company is only then possible if your company is willing to bail out of every questionable trade, such as trade with arms and parts for the arms industry, trade with products deriving from child labor or companies with unreasonable working conditions and too low wages, trade with environment-, nature and climate damaging products, and profit with furtrade – I am aware that not all of the listed points apply to your company, but a positive promotion of your company is only possible if you are willing to bail out of these ethically questionable businesses.

In case you aren’t willing to do so we will have to start a big campaign with peaceful demonstrations, handing out leaflets, media reports and street theater.

I’m afraid I have to tell you that clinging to these unethical practices is useless. Never before was a company able to sit through such protests, especially not such a poorly esteemed one like yours.

We are always happy about a friendly dialogue.

Respectfully,

Roland Hoog

11 Gedanken zu “Kreative Selbstanzeige von Roland Hoog

  1. Jetzt ist mir erst aufgefallen, dass ich dummerweise auf die Interessen der in Futtermittelexportländern hungernden Menschen nicht zu verhungern vergessen habe.

    Falls andere die schweren Nötigungen und Selbstanzeige als Vorlage verwenden wollen, bitte diese noch berücksichtigen! zb mit einer schweren Drohung an den Landwirtschaftsminister, er möge in Zukunft Subventionen nur noch an biovegane Betriebe vergeben statt an solche, die Nahrungsmittel aus Hungerregionen an Tiere verfüttern, andernfalls würden wir die Steuerzahler_Wähler_innen darüber informieren.

    (die Emailadresse von baesystems stimmt übrigens nicht)

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