29. März 2024

Minister Töchterle garantiert Kriterienkatalog für Tierversuchsgenehmigungen

Die Ereignisse überschlagen sich förmlich! Gestern veröffentlichte das Wissenschaftsministerium einen absolut katastrophalen Entwurf für das neue Tierversuchsgesetz! In einer Presseaussendung lobte sich die zuständige Abteilung dafür, nur die von der EU-Richtlinie erzwungenen Mindestbedingungen für den Schutz der Versuchstiere umgesetzt zu haben. Jetzt ist dieser Entwurf für 6 Wochen bis 10. August 2012 in Begutachtung. Ich habe dazu heute eine Presseaussendung verfasst: https://vgt.at/presse/news/2012/news20120629h.php

Heute um 8:30 Uhr in der Früh kam dann ein Filmteam von der Sendung „Konkret“ in ORF 2 vorbei. Sie interviewten mich zu Tierversuchen und fuhren dann 6 Tierversuchslabors in Wien/Umgebung ab. Eine Mitarbeiterin des VGT kommentierte dazu, was in diesen Labors für Versuche stattfinden. Und dann ging das Filmteam zu Wissenschaftsminister Töchterle, um ihn zu interviewen. Er soll vor laufender Kamera gesagt haben, dass der von seinem Ministerium veröffentlichte Entwurf nur das Minimum der EU-Richtlinie umfasste und stark verbessert werden wird. Insbesondere werde es – und das ist ja unsere zentrale Forderung „Tierschutz ins Tierversuchsgesetz“ – ein objektives Genehmigungsverfahren für Tierversuche mit einem vorgeschriebenen Kriterienkatalog geben, der vom Messerli-Institut erarbeitet werden wird!

Für uns ist diese Meldung absolut sensationell, insbesondere wenn man sich den Entwurf des Ministeriums von gestern ansieht. Ein Kriterienkatalog ist der allerwesentlichste Schritt in die Richtung, endlich Tierschutzbedenken zu einem Tierversuch mit dem Nutzen des Versuchs für Menschen abzuwägen. So ein Katalog besteht aus ca. 30-100 Fragen, deren Beantwortung jeweils ein Zahlenwert zugeordnet wird. Im Schweizer Katalog sind das 29 Fragen, je schlimmer für die Tiere, desto negativer die Punktezahl, je mehr direkten Nutzen für die Menschen, desto positiver. Kommt bei der Addition am Schluss eine Zahl über Null heraus, gilt der Tierversuch als ethisch vertretbar und ist zu genehmigen, ist die Zahl negativ, dann muss er verboten werden. Auf diese Weise würde es erstmals in Österreich möglich, Tierversuche nach objektiven Kriterien aus ethischen Gründen zu verbieten.

Österreich würde mit so einem Evaluierungskatalog tatsächlich eine Vorreiterrolle bei Tierversuchen in der Welt einnehmen. In der Schweiz gibt es zwar einen Katalog, seine Nutzung ist aber nicht zwingend vorgeschrieben, sondern lediglich an Forschungsförderungen gebunden. In keinem EU-Land gibt es meines Wissens einen Katalog dieser Art, obwohl man überall darüber nachdenkt. Aber ohne einen solchen Katalog wird einfach nach dem Bauchgefühl von BeamtInnen entschieden, die überhaupt keine ethische Ausbildung haben und denen Tierschutz möglicherweise kein Anliegen ist. Intuition statt Katalog bedeutet zweifellos, dass kein einziger Tierversuch aus ethischen Gründen verboten werden würde. Diese Zusage von Minister Töchterle gegenüber unserer wesentlichsten Forderung bzgl. einer Reform des Tierversuchsgesetzes ist also ein grandioser Schritt in die richtige Richtung.

Was fehlt ist Tierschutz in die Verfassung. Nur wenn Tierschutz gleichwertig neben der Freiheit der Wissenschaft in der Verfassung steht, kann zwischen den beiden mittels Fragenkatalog ethisch abgewogen werden. Doch die ÖVP weigert sich weiterhin, den entsprechenden Unterausschuss des Verfassungsausschusses zu konstituieren, wie sie erst heute in einem Email bestätigt hat. Verantwortlich dafür sind offenbar:

Mag. Bernhard Peer, bernhard.peer@oevpklub.at, Klubsekretär ÖVP

Karlheinz Kopf, karlheinz.kopf@oevpklub.at, Klubchef ÖVP

Mag. Wolfgang Gerstl, wolfgang.gerstl@parlament.gv.at, stellvertretender Vorsitzender aus der ÖVP im Verfassungsausschuss

Ich glaube es wäre sehr wichtig, diese Personen aufzufordern, jetzt raschest das uralte Versprechen einzulösen, Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen. Wenn sie sich bis November 2012 weiterhin weigern, dann kippen sie unser – nach heutiger Sicht – möglicherweise sehr richtungsweisendes Tierversuchsgesetz! Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns das antun!

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