28. März 2024

Zoodirektorin Schratter: „Vegetarier stellen sich über die Tiere“

Dagmar Schratter, Direktorin des Zoos Schönbrunn, hält Vegetarismus für vernunftwidrig
Dagmar Schratter, Direktorin des Zoos Schönbrunn, hält Vegetarismus für vernunftwidrig

Dagmar Schratter ist Direktorin des Zoos Schönbrunn in Wien und Präsidentin des Vereins „Tierschutz macht Schule“, der, mit allen finanziellen Ressourcen aus öffentlicher Hand ausgestattet, LehrerInnen ausbildet, um ihnen die Thematisierung von Tierschutz in ihren Klassen oder auch anderen Schulen zu ermöglichen. Sie nahm an der AGES Akademie zu „Tier – Mensch – Gesellschaft“ am 3. und 4. Juni 2013 an der veterinärmedizinischen Uni Wien teil. Und dort verkündigte sie obere Weisheit im Rahmen der abschließenden Podiumsdiskussion.

In einem Workshop über den Tierschutzunterricht war von NGO-Seite die Frage aufgetaucht, ob Vegetarismus und Veganismus auch in den Schulen thematisiert werde. In der Ausbildung der LehrerInnen durch den Verein „Tierschutz macht Schule“ ist jedenfalls kein Wort darüber zu hören. Diese einfache Frage stieß Präsidentin und Zoodirektorin Schratter offenbar so sehr auf, dass sie in ihrem Redebeitrag bei der Podiumsdiskussion ohne inhaltlichen Zusammenhang darauf zu sprechen kam.

Sie erklärte unumwunden, dass sie Vegetarismus ablehne, weil sich VegetarierInnen über die Tiere stellen würden. Als Biologin wisse sie, dass Menschen auch Tiere seien und daher sei es nur vernünftig, wenn Menschen andere Tiere für den eigenen Vorteil nutzen würden, zu dem auch das Töten zur Nahrungsmittelgewinnung gehöre. Andere Tiere würden sich schließlich auch so verhalten.

Eine erstaunlich unreflektierte Feststellung für ein wissenschaftliches Symposium. Es sollte sogar im Zoo Schönbrunn mittlerweile angekommen sein, dass es logisch unmöglich ist – Humes naturalistischer Fehlschluss! – vom Sein auf ein Sollen zu schließen. Also selbst wenn es für Menschen als Tiere natürlich wäre, Tiere zu missbrauchen, zu quälen und zu essen, so sagt das absolut nichts darüber aus, ob es ethisch richtig ist. Dass eine Biologin derart plump biologistisch argumentiert ist schon erschreckend!

Darüber hinaus ist ihr „Argument“ nicht konsistent. Natürlich nimmt sie für sich und alle Menschen in Anspruch, anders behandelt zu werden. Wenn sie aber argumentiert, Menschen seien Tiere und könnten daher, wie andere Tiere, Tiere mit Gewalt gegen deren Willen zum eigenen Vorteil nutzen – z.B. im Zoo in einen Käfig sperren – warum sollte man das mit Menschen, die ja nach dem Argument auch nur Tiere sind, nicht auch tun können? Wenn Menschen ohne ethische Schranke „wie Tiere“ handeln dürfen, warum dürfen Menschen dann nicht auch „wie Tiere“ behandelt werden? Hier reißt die Logik ab! Abgesehen davon sperrt einerseits kein anderes Tier als der Mensch Tiere in einen Käfig ein und andererseits würde selbst Schratter vermutlich dagegen sein, Tiere ohne Betäubung lebendig zerreißen zu dürfen, wie z.B. Wildhunde ihre Opfer, also ist spätestens an dieser Stelle das biologistische Übertragungsargument im Konkreten gar nicht mehr anwendbar.

Aber betonen nicht normalerweise AnthropozentrikerInnen den Unterschied von Menschen und anderen Tieren, und jetzt scheint hier die Betonung des Unterschieds zum Argument für Tierschutz zu werden? Nein. Die allgemeine, nicht-speziesistische Maxime ist klar: Alle Wesen, die Autonomie besitzen, haben ein Recht auf Respektierung ihrer Autonomie. Und alle Wesen, die ausreichend reflektieren können, um ethisch zu handeln, müssen sich an ethische Normen halten. So einfach ist das. Diese Trennung in „moral patients“ und „moral agents“ finden wir bereits bei Leonard Nelson am Beginn des 20. Jahrhunderts!

Dagmar Schratters Einstellung erschüttert. Wenn die Präsidentin von „Tierschutz macht Schule“ den Vegetarismus für vernunftwidrig hält, wie kann ihr Verein dann in Schulen diese Thematik wertfrei zur Diskussion stellen? Vielleicht beginnt der Widerspruch schon dort, wo man die Direktorin einer Tiernutzungsfirma, wie des Zoos Schönbrunn, zur Präsidentin einer Organisation macht, deren Aufgabe die Verbreitung des Tierschutzgedankens ist. Je mehr Tierschutz, desto weniger Zoo, desto eher verliert Frau Schratter ihren Job. Und wer stellt schon den altruistischen Tierschutzgedanken über die konkreten eigenen Profitinteressen?

8 Gedanken zu “Zoodirektorin Schratter: „Vegetarier stellen sich über die Tiere“

  1. Empathie lässt sich bei menschlichen Tieren eben bei Bedarf abstellen (vgl. de Waal, 2011) und Naturwissenschaft ohne Geisteswissenschaft ist, vornehm gesagt, wenigstens blind.

  2. Tiere verhalten sich so, dass sie andere Tiere für sich nutzen?

    Stimmt genau: Meine Kaninchen betreiben ebenfalls einen Zoo zur Belustigung anderer Kaninchen, sie halten Schweine im eigenen Kot für Wurstwaren und sie spritzen Katzen Shampoo in die Augen, damit ihr Kaninchenfell vor Spliss geschützt ist.

  3. Wenn man nen Dr. Titel hat & nen blödsinnigen Satz herauslässt, klingt das für sich selbst & andere anscheinend automatisch klug.

    ala Angelika “Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden” Merkel

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