29. März 2024

Wenn sich die Polizei nicht an die Gesetze hält

Irgendwie nimmt man das doch in der bürgerlichen Gesellschaft mit der Muttermilch auf: Die Polizei ist anständig und hält sich an die Gesetze. Naja, so naiv sind wir alle doch schon lange nicht mehr. Aber die Dimension, die das Übertreten von Gesetzen durch die Polizei im Tierschutzverfahren angenommen hat, hätten wahrscheinlich die wenigsten erwartet. Oder war nur ich so vertrauensselig?

Ein Paradebeispiel der Polizeimentalität, jedenfalls im Bereich Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, haben wir am letzen Prozesstag erlebt. Stefan Pfandler war der Zeuge an diesem Tag, weil er im Rahmen der Ermittlungen gegen den Tierschutz im Jahr 2008 Leiter der Spezialeinheit Observation, kurz SEO, gewesen ist.

Sein Einsatz war ein mehrwöchiger Lauschangriff auf die Privatwohnung des Sechstangeklagten. Gleichzeitig brachte seine Einheit eine Videofalle am Hauseingang an. BeamtInnen unter der Leitung von Pfandler drangen gewaltsam in die Wohnung des Tierschützers ein und montierten ein Mikrophon. Eine Videokamera hätten sie auch sehr gerne angebracht, doch offenbar war die Wohnung so klein und kein Versteck möglich, sodass diese Option „leider“ fallen gelassen werden musste. Also wurde das Wohn-Schlafzimmer des Tierschützers nur abgehört, nicht auch noch gefilmt. Private Dinge hätte man eh niemandem gezeigt, war die Botschaft der TäterInnen, die offenbar irgendwie beruhigend hätte wirken sollen.

Alle Aufnahmen dieses großen Lauschangriffs scheinen nirgendwo im Akt auf. Weder im polizeilichen Abschlussbericht noch im Strafantrag wird überhaupt erwähnt, dass es diesen großen Lauschangriff gegeben hat. Dabei saßen 16 BeamtInnen der SEO zusammen mit 2 BeamtInnen der SOKO – allen voran Herbert Landauf – 24 Stunden pro Tag die ganzen Wochen hindurch im Einsatz und hörten live mit, was sich so im Schlafzimmer des Tierschützers abspielte. Man sei bereit für einen Einsatz gewesen, wäre eine Straftat geplant worden und zur Ausführung gekommen. Allein, es kam weder zur Ausführung einer Straftat, noch zu deren Planung.

Wenn also jemand wochenlang keine Straftaten ausführt oder plant, sondern nur über legale Tierschutzaktivitäten spricht und diese ausführt, ist das nicht entlastend? Nein, nicht in den Augen der SOKO und des SEO. Man nehme nur be- oder entlastendes in den Akt auf, und das Ergebnis sei weder noch gewesen, sagte Pfandler. Was denn, konkret, er als entlastend empfunden hätte, fragte ich den SEO-Leiter. Tja, da fiel ihm nichts ein. Er konnte kein einziges Beispiel nennen, das ein entlastendes Ergebnis seines Lauschangriffs gewesen wäre, was den Verdacht nach §278a betrifft. Und das ist ein weiteres Faktum dieses Verfahrens, dass die Polizei bzgl. §278a absolut überhaupt nichts als entlastend empfindet. Man kann sich gar nicht entlasten, nicht frei beweisen, bei dieser seltsamen Anklage. Auch legale Tierschutzaktivitäten verstärken nur den Verdacht, dass man eine kriminelle Organisation unterstützt. Ist also einmal dieser Verdacht ausgesprochen, gibt es kein Zurück mehr. Das erklärt auch die immer weiter eskalierenden Ermittlungsmaßnahmen in diesem Verfahren.

Die Polizei wäre dennoch verpflichtet gewesen, alle Daten aus dem großen Lauschangriff an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln, wo wir Akteneinsicht hätten nehmen können. Und spätestens mit Legung der Anklage, so schreibt es das Gesetz vor, hätten die Daten beim Gericht sein müssen. Ich habe Herrn Pfandler gefragt, ob er dieses Gesetz kennt. Er musste das zugeben. Ich fragte weiter, ob er wisse, dass das Gesetz eindeutig alle Aufnahmen des großen Lauschangriffs meint, und nicht etwa nur Berichte der Ergebnisse. Auch das musste er bejahen. Und dann fragte ich ihn, warum er sich nicht an das Gesetz gehalten hat. Dazu meinte er, das sei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft geschehen. Mit anderen Worten, die Zeugenbefragung hat eindeutig ergeben, dass die SOKO in Absprache mit der Staatsanwaltschaft wissentlich gesetzwidrig gehandelt hat.

Jetzt wissen wir das. Und jetzt weiß es die Richterin. Und nichts wird passieren. Gesetze gelten offenbar für die Polizei nicht, sondern nur für uns BürgerInnen. Gesetzesübertretungen haben für die Polizei keinerlei Konsequenzen, selbst wenn dadurch unschuldige Personen in U-Haft kommen und jahrelang vor Gericht sitzen müssen, weil sie wegen gesetzwidriger Vorgangsweisen der Polizei keine Akteneinsicht und keinen Zugang zu entlastenden Beweisen haben. Weil, eines ist zweifellos der Fall: es waren die Ergebnisse der Spitzelermittlungen, die in der Auffassung der Richterin uns gegenüber einen Umschwung eingeleitet haben. Wenn eine Polizistin undercover so lange so nahe mitten unter uns war, mitten im inkriminierten Zeitraum, und sie findet nichts – NICHTS – Kriminelles, dann beweist das doch ohne Zweifel, dass wir nicht kriminell sind. Und genau diese Ergebnisse hat die Polizei nicht nur gesetzwidrig erlangt (wir erinnern uns: ohne Genehmigung) sondern sie uns auch gesetzwidrig vorenthalten. Ohne Konsequenzen.

11 Gedanken zu “Wenn sich die Polizei nicht an die Gesetze hält

  1. Hallo Leute,ich sage ich nur das ist eine Grosse Schweinerei was in diesem Land Passiert,überall Bestechung und Korruption,Betrug,abzockerei.Die Deutsche Polizei ist eine Kriminelle Bande geworden genauso wie die Staatsanwaltschaften,von wegen Rechtsstaat es geht nur um Geld wer Geld hat kann sich freikaufen,und Verbrecher mir Dicker Geldbörse werden sogar von der Justiz geschützt und gedeckt.Ber der Kleine mann der hat hat überhaupt keine Rechte mehr.Und das neue Polizeigesetzt die Kraft tritt das hat mit Rechtsstaat und Menschen rechte nichts zutun.Leute geht auf die Strasse wie in Amerika und Frankreich,lasst euch das nicht gefallen.

  2. Auf Ihre Frage, ob nur Sie so vertrauenswürdig gewesen sind, muss ich sagen: Nein, ich auch.
    Und selbst jetzt, nachdem ihr alles aufgezeigt habt, hoffe ich, dass nicht alle Polizisten “so” sind, und dass sich jemand große Mühe gegeben hat, genau die richtigen (und damit meine ich die falschen) Personen für den Job zu bekommen. Dasselbe gilt auch für “das Gericht” und “die Staatsanwaltschaft”, und ich hoffe, dass ihr euch auch noch die Mühe machen werdet diese Personen selbst vor ein Gericht zu bringen; ihr habt ja auch sehr erfolgreich eure Unschuld bewiesen (was in sich selbst schon unglaublich ist, dass das nötig war!), vielleicht könnt ihr dem staat die weitere Arbeit ebenfalls abnehmen und dafür sorgen, dass die, welche für diesen Skandal verantwortlich sind auch bestraft werden.

  3. kurz und knapp – schlagt mal im zuständigen A-Gesetzbuch nach ob es den Tatbestand des Prozessbetrugs gibt. Das betrifft nun deutlich mehr als nur diesen einen Aspekt. Achjah, wenn das natürlich systematisch und über längere Zeit hinweg geschieht, ja könnte das nicht ein Anhalt für den Bestand einer mafiös-terroristischen Vereinigung sein – also wirklich eine nach dem Sinn des Gesetztes. Es muss ja nicht gleich die gesamte Staatsapparatur sein – aber Seilschaften mit Vorgesetzten und Untergebenen würden da schon gut ausreichen.

  4. Haben die eigentlich auch die ganze Zeit live vor Ort mitgehört, als im Zimmer geschlafen wurde, wenn 24 Stunden überwacht wurde? Haben bestimmt selbst mitgeschlafen in der Observationslocation und sich das bezahlen lassen ;).

    Doch, man kann sich doch lt. Pfandler entlasten, indem man andere belastet und damit Denunziant ist. Österreichische Pozileilogik eben ;).

  5. @gabi: soweit ich weiß, gab es in den orf-nachrichten nur vor weihnachten, als danielle durand auftauchte, berichterstattung, und heuer der club 2 mit dem unpassenden titel “wie weit dürfen tierschützer gehen”. ich habe den eindruck, der orf hat vor weihnachten von spö kurzfristig “grünes licht” bekommen und dann wurde wieder auf “rot” geschaltet. ist eben ein regierungsfunk und es darf nur berichtet werden, was kein schlechtes licht auf spövp wirft.
    welche links hast du bekommen?
    lg, rosa

  6. der orf bringt nach aufforderung gar nichts …. ich habe in den letzten monaten immer wieder anfragen an den orf kundendienst gerichtet, warum der “tierschützerprozess” vom orf so gänzlich unbeobachtet bleibt .. und siehe da – ich hab immer wieder links zu einträgen bekommen, in denen berichtet wurde, die aber offenbar nie öffentlich online gestellt wurden …. eine reichlich seltsame angelegenheit für mich 🙂 ?????

  7. das erinnert mich an die Wortspielerei:

    gib einem Polizisten eine Flasche, in der nichts drinnen ist und frag ihn ob diese leer ist?
    Sagt er JA, dann hat er einen richtigen logischen Schluss gezogen.
    Sagt er NEIN, es ist doch NICHTS, dann möge er diese doch bitte ausleeren, damit auch nichts nicht drinnen ist!
    Muss man also NICHTS ausleeren, damit die Flasche leer ist?
    Für Pfandler wird sie eben niemals leer! Ob er das selbst auch wirklich glaubt, oder ob ihm das nur seine juristischen Betreuer eingeredet haben?

  8. bitte nicht sagen, daß das alles keine konsequenzen hat! dann bleibt nur, österreich zu verlassen.
    bitte bei gelegenheit mitteilen, daß irgendjemand von den betroffenen, euren anwälten oder wem auch immer etwas getan werden kann, daß das konsequenzen hat. was kann von uns getan werden, außer sich selbst anzuzeigen und gegen § 278a unterschreiben? auf mails an politiker wird nicht oder mit fadenscheinigen argumenten reagiert, der orf bringt trotz aufforderung nichts darüber ……

  9. Spannend! Den Angeklagten kann seit Jahren keine Straftat nachgewiesen werden – meine Theorie ist ja, das liegt daran, dass sie kein eben keine begangen haben. Gleichzeitig wird am laufenden Band gesetzwidriges Verhalten von Seiten der Anklage bekannt. !!????!? Mir fehlen die Worte.

  10. …..UND NICHTS WIRD PASSIEREN….UND NICHTS WIRD PASSIEREN….UND NICHTS WIRD PASSIEREN…..

    falscher film, parallelwelt, delirium?

    das war auch mein persoenliches highlight von diesem prozesstag: pfandler darf zivilschutz mit ausdruecklichem wunsch des staatsanwalts in die pfanne haun

    korruption? ja? na dann geh zum pfandler beschwerden, weil der ist mittlerweile bei der korruptionsbekaempfung

    zamhoiten goschenhoiten

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